SKA: Planungen von Hamburg Wasser und Stromnetz Hamburg am Standort Stellinger Moor

Stephan Jersch

Die Tatsache, dass Hamburg Wasser das langjährig großteils brachliegende Gelände im Stellinger Moor, das wiederholt unwidersprochen für den Ersatz des HKW Wedel vorgesehen war, jetzt für sich beansprucht, wirft Fragen auf.

21. Juni 2019

Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 13.06.2019
und Antwort des Senats
- Drucksache 21/17535 -

Betr.: Planungen von Hamburg Wasser und Stromnetz Hamburg am Standort Stellinger Moor

In Beantwortung meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/17252 zu der seit 20 Jahren brachliegenden Fläche des ehemaligen Klärwerks am Standort Stellinger Moor, die im Jahr 2015 vom Beratungsunternehmen BET als besonders geeignet für den Ersatz des HKW Wedel eingestuft wurde, gab der Senat in seiner Antwort auf Frage 15 an, diese Fläche werde durch Hamburg Wasser (HW) von der Hamburger Stadtentwässerung (HSE) genutzt. Auf dieser Fläche befänden sich abwassertechnische Anlagen, die der Aufrechterhaltung der Entsorgungssicherheit des Hamburger Nordwestens und der angrenzenden Metropolregion dienten. Zudem werde die Fläche perspektivisch für den Ausbau des dort befindlichen Betriebsplatzes von HW benötigt. Die SNH plane, ihre Netzdienststelle West auf eine dortige Teilfläche zu verlagern.
Im Gutachten des Hamburg Instituts (HIC) „Erneuerbare Energien im Fernwärmenetz Hamburg“ vom 7.12.2016, über das unter anderem im Energienetzbeirat ausführlich berichtet und diskutiert wurde, wird in Abbildung 30 die fragliche Fläche als „mögliche Betriebsfläche für ein Strohheizwerk“ vollständig blau gestrichelt dargestellt. Hinweise auf konkurrierende Nutzungsansprüche gab es in diesem Rahmen nicht.
Am 1.9.2016 wurden dem Energienetzbeirat von der BUE mehrere Szenarien für den Ersatz des HKW Wedel unter Verwendung des Energiestandorts Stellinger Moor erläutert, darunter das „BUE Szenario Abfallwirtschaftliches Konzept der SRH, Gasmotoren HW/HE (große Lösung)“, bei dem fast der gesamte Ersatz des HKW Wedel am Energiestandort Stellinger Moor vorgesehen war. Hinweise auf konkurrierende Nutzungsansprüche gab es auch in diesem Rahmen nicht.
In Abbildung 25 der von der BUE beauftragten „Vertiefenden Untersuchung zur grundsätzlichen Machbarkeit eines Strohheizwerkes für die Hamburger Fernwärme“ des HIC vom Dezember 2017 werden rund 20.000 m² der rund 100.000 m² großen gesamten gestrichelten Fläche für ein Strohheizwerk vorgeschlagen. Hinweise auf konkurrierende Nutzungsansprüche gibt es auch in diesem Rahmen nicht.
Gegenwärtig spielt Hamburg Wasser/Hamburg Energie eine besonders große Rolle bei der Planung der Ersatzlösung für das HKW Wedel. So ist Hamburg Wasser/Hamburg Energie zuständig für die geplante Abnahme der industriellen Abwärme von Trimet Aluminium und Arcelor Mittal, für die geplante Abwasserwärmepumpe im Klärwerk Dradenau und für den geplanten Aquiferspeicher. Zudem war der Leiter des Projekts „Erneuerbare Wärme Hamburg“ (EEWH) bis Juli 2017 technischer Geschäftsführer und Sprecher der Geschäftsführung von Hamburg Wasser. Daher scheint es nicht verwunderlich, dass Hamburg Wasser das langjährig großteils brachliegende Gelände im Stellinger Moor, das wiederholt unwidersprochen für den Ersatz des HKW Wedel vorgesehen war, jetzt für sich beansprucht.
Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen, teilweise auf Grundlage von Informationen von Stromnetz Hamburg (SNH) und Hamburg Wasser (HW), wie folgt:

1. Welche abwassertechnischen Anlagen, die der Aufrechterhaltung der Entsorgungssicherheit des Hamburger Nordwestens und der angrenzenden Metropolregion dienen, gibt es auf dem Gelände von HW im Stellinger Moor?
HW betreibt auf den Flächen des ehemaligen Klärwerkes Stellinger Moor diverse Leitungen. Es befinden sich sowohl Freigefälleleitungen als auch Druckleitungen auf dem Gelände, die eine übergeordnete Funktion im Abwassersystem übernehmen. Über diese Leitungen werden die Stadtteile Stellingen, Eidelstedt, Schnelsen und Niendorf entwässert.
Darüber hinaus werden dort ein Abwasserpumpwerk, eine Kippstelle für Siel- und Trummengut, eine Abwasserübernahmestelle, ein Regenrückhaltebecken einschl. Erweiterungsfläche sowie eine Abluftbehandlungsanlage betrieben.

2. Wie groß,
a. sind die Flächen, die von diesen abwassertechnischen Anlagen belegt werden?

Folgende Flächen werden dabei von den Anlagen belegt:

Regenrückhaltebecken7.100 m²
Ausbaureserve4.165 m²
Pumpwerk, Kippstelle, Übernahmestelle4.042 m²
Abluftbehandlungsanlage5.140 m²

 

b. sind die Flächen, die gegenwärtig für den dort befindlichen Betriebsplatz von HW genutzt werden?

c. ist die gesamte Fläche dieses HW/HE gehörenden Geländes?
Für den Betriebsplatz wird eine Fläche von 24.085 m² genutzt, die gesamte Fläche dieses Geländes beträgt 89.000 m².

3. Zum perspektivischen Ausbau des dort befindlichen Betriebsplatzes von HW:
a. Für wann ist dieser geplant?
b. Flächen in welchen Größen werden hierfür benötigt?

Der Ausbau ist nach Ablauf der für 60 Jahre geplanten Verpachtung an SNH vorgesehen.  Hierfür werden Flächen in einer Größe von 8.400 m² benötigt.

4. Welche alternativen Flächen gibt es für den dort befindlichen Betriebsplatz von HW und dessen Ausbau an anderen Orten als dem Stellinger Moor?
HW sind keine alternativen Flächen bekannt.

5. Zur Netzdienststelle West von Stromnetz Hamburg:
a. Wo befindet sie sich gegenwärtig?
b. Aus welchen Gründen soll sie ins Stellinger Moor verlagert werden?

Die Netzdienstelle West in der Gasstraße 2b und 2c hat das Ende ihrer technisch-wirtschaftlichen Nutzungsdauer erreicht. Somit wurde SNH vor die Entscheidung gestellt, an derselben Stelle eine Grundsanierung durchzuführen oder einen anderen geeigneten Ort zu finden.
Vor dem Hintergrund der Rekommunalisierung der Infrastrukturbetreiber ist es sinnvoll, dass die Netzdienststellen der verschiedenen Netzbetreiber zusammenrücken. Darüber hinaus ist die infrastrukturelle Anbindung der Liegenschaft in der Lederstraße günstiger, siehe dazu auch Antwort zu 6. Es ist davon auszugehen, dass übergreifende Synergien sowie eine verbesserte Verkehrsanbindung zu Effizienzsteigerungen führen werden.
Zudem könnten die freiwerdenden Flächen in der Gasstraße temporär einer anderen Nutzung zugeführt werden. Dabei ist jedoch sicherzustellen, dass die Flächen im Zugriff der SNH bleiben, da betriebsnotwendige Erweiterungen des dort befindlichen Umspannwerkes im Laufe der Zeit nicht ausgeschlossen werden können. Weiterhin muss SNH für Störarbeiten und Transformatortausche über Nebenflächen und Aufstellflächen verfügen können, welches ebenfalls bedingt, dass die Flächen im Zugriff der SNH bleiben müssen.

c. Für wann ist diese Verlagerung geplant?
Dazu sind weitere Abstimmungen notwendig, die derzeit durchgeführt werden. Ein Zeitplan kann erst nach einer finalen Entscheidung erstellt werden.

d. Wie groß ist die hierfür benötigte Fläche?
Siehe Antwort zu 3.a. und b.

e. Hat HW dieser Nutzung bereits zugestimmt?
f. Hat der Senat dieser Nutzung bereits zugestimmt?

HW steht der gemeinsamen Nutzung positiv gegenüber, eine Zustimmung des LIG steht noch aus.

6. Welche konkreten Alternativen zur Verlagerung der Netzdienststelle West von Stromnetz Hamburg ins Stellinger Moor gibt es und welche Vor- und Nachteile haben diese?
Alternativ müsste SNH die Netzdienststelle in der Gasstraße aufwendig im Bestand kernsanieren. Die Sanierung wird auf Dauer die bestehenden Standortnachteile, bezogen auf Entsorgung und betriebliche Vorgänge, nicht verbessern. Die in der Antwort zu 5.b. genannten positiven Effekte treten dann nicht ein.

7. Wie bewertet der Senat eine Verlagerung der Netzdienststelle West von Stromnetz Hamburg auf das Gelände, das gegenwärtig für eine Gas-KWK-Anlage in Dradenau vorgesehen ist, wenn anstelle einer „Südvariante“ eine „Nordvariante“ für den Ersatz des HKW Wedel gebaut würde?
Der Senat hat sich mit dieser Frage nicht befasst. Im Übrigen ergibt sich aus dem parlamentarischen Fragerecht ein Anspruch auf Auskünfte, nicht aber auf meinungsbildende Stellungnahmen (vgl. ThürVerfGH, Urt. v. 19.12.2008 – 35/07 –, juris Rn. 177), von denen der Senat deshalb auch im vorliegenden Fall absieht.