SKA: Versorgung durch die Landstromanlage in Altona im sogenannten Hochlastzeitfenster u.a. - Nachfragen zu 21/14616 und 14780

Stephan Jersch

Die Nutzung von Landstrom soll die Luft im Hafen verbessern, aber vorhandene Angebote werden nicht bestmöglich genutzt. Der Senat: "Damit vermehrt Kreuzfahrtschiffe im Hamburger Hafen Landstrom nutzen, bedarf es insbesondere eines Landstromangebots in anderen Häfen und verbesserter rechtlicher Rahmenbedingungen."

16. November 2018

 Schriftliche Kleine Anfrage
der Abgeordneten Stephan Jersch und Norbert Hackbusch (DIE LINKE) vom 08.11.2018
und Antwort des Senats
- Drucksache 21/14939 -


Betr.:    Versorgung durch die Landstromanlage in Altona im sogenannten Hochlastzeitfenster  u.a. - Nachfragen zu 21/14616 und 14780

Zum Komplex Landstromnutzung in Altona und den Antworten des Senats auf unsere Schriftliche Kleine Anfrage 21/14616 sind Nachfragen zu stellen.

Die Landstromanlage Altona ist an das städtische Stromverteilungsnetz der Stromnetz Hamburg GmbH (SNH) angeschlossen. Sie kann technisch und regulatorisch ganzjährig und zu jeder Tageszeit Kreuzfahrtschiffe mit Landstrom versorgen. Die Anlage profitiert von erheblich reduzierten Netzentgel-ten durch die Ausnahmeregelung für die sogenannte atypische Netznutzung in § 19 Abs. 1 S. 1 Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV). Letztverbraucher sind atypische Netznutzer im Sinne § 19 Abs. 2 S. 1 StromNEV, wenn ihre Leistungsspitze außerhalb der Hochlastzeitfenster erheblich ober-halb ihrer Leistungsspitze innerhalb der Hochlastzeitfenster liegt und sie somit ihre Spitzenlast in die lastschwachen Nebenzeiten des Stromnetzes verlagern. Durch die Vergünstigung wird ein Anreiz ge-schaffen, Strom netzdienlich zu nutzen. Im Übrigen siehe Drs. 21/14886.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA) wie folgt:


Wir fragen den Senat:

1. Laut Antwort des Senats auf Frage vier der Drs. 21/14616 ergeben sich bei seit 17.09.2018 bis 9.10.2018 jeweils nur zweieinhalb Stunden Bezug von Landstrom durch am Kreuzfahrtterminal Altona liegende Passagierschiffe, während vorherige Liegezeiten eine  erheblich längere Teilversorgung der AIDAsol mit Landstrom ausweisen. Als Grund dafür wird das von der Bundesnetzagentur eingeführte sogenannte Hochlastzeitfenster, das den Stromverbrauch in Deutschland steuern soll, angeben. Ist das Hochlastzeitfenster neu eingerichtet worden? Wenn ja, seit wann? Wenn nein, warum hatte es bis zu diesem Termin keine Auswirkungen auf die Teilversorgung der AIDAsol am Standort Cruise Center Altona?

2. Laut Senat in der Drs. 21/14616 ergaben sich in der Zeit 17.09.2018 bis 9.10.2018 Hochlastzeitfenster ab jeweils 10.30 Uhr. Ist dies ein neuer, fester Beginn-Zeitpunkt?

3. Sind Hochleistungszeitfenster ggf. veränderlich und wenn ja, wie lang im Voraus veröffentlicht sie die Bundesnetzagentur jeweils?

4. Hochlastzeitfenster werden lt. Drs.21/14616 nach § 19 Abs. 2 S. 1 StromNEV ermittelt und von der Bundesnetzagentur bekanntgegeben. Wem werden sie bekannt gegeben?
a.    Stromnetzbetreibern wie SNH?
b.    Stromanbietern wie Hamburg Energie?
c.    Stromkunden wie der die AIDAsol betreibende Reederei?

Die Hochlastzeitfenster für das Jahr 2018 wurden am 11. Oktober 2017 unter www.stromnetz.hamburg/netznutzung/netznutzungsentgelte/ durch SNH veröffentlicht. Diese gelten für das gesamte Jahr 2018. Eine unterjährige Anpassung erfolgt nicht.
Die Hochlastzeitfenster werden durch den jeweiligen Netzbetreiber ermittelt, jährlich aktualisiert und müssen durch diesen gemäß Beschluss der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (BNetzA) spätestens zum 31. Oktober für das Folgejahr veröffentlicht werden. Die SNH kommt dieser Verpflichtung durch Veröffentlichung auf ihrer Homepage unter www.stromnetz.hamburg/netznutzung/netznutzungsentgelte/ nach. Ermittlung und Veröffentlichung erfolgen durch den Netzbetreiber und nicht durch die BNetzA. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.


5. Welche Erhöhung der Kosten pro Kwh ist mit dem Bezug von Strom in Hochleistungszeitfenstern verbunden?

Die Netzentgelte für eine Netznutzung bei einem Verbrauch von mehr als 100.000 kWh/Jahr setzen sich zusammen aus einem Arbeitspreis pro kWh und einem Leistungspreis pro kW. Für die Bestimmung des Leistungspreises wird die Jahreshöchstlast herangezogen. Diese Entgelte sind grundsätzlich für die Netznutzung zu zahlen. In § 19 der StromNEV hat der Verordnungsgeber für definierte Sonderformen der Netznutzung Vergünstigungen vorgesehen, so auch für die sog. atypische Netznutzung nach §19 Abs. 2 Satz 1 StromNEV. Für die Berechnung eines individuellen Entgelts gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 StromNEV bleibt die Arbeitspreiskomponente unverändert. Für die Berechnung der Leistungskomponente wird nicht die Jahreshöchstlast, sondern die individuelle Höchstlast innerhalb der Hochlastzeitfenster herangezogen. Das so ermittelte individuelle Entgelt muss mindestens 20 % des allgemeinen Entgelts betragen. Eine Erhöhung pro kWh durch Strombezug im Hochlastzeitfenster lässt sich weder individuell noch allgemein beziffern.


6. Bietet HH Energie ggf. einen separaten Strombezugsvertrag für Hochleistungszeitfenster an? Zu welchen Konditionen?

Nein.


7. Welche Bestrebungen unternimmt der Senat, den Strombezug seitens der Reedereien auch in Hochlastzeiten zu gewährleisten?

Der Senat setzt sich, mit dem Ziel eine wirtschaftliche Gleichstellung von Landstrom und dem an Bord produzierten Strom zu erreichen und damit Landstrom wettbewerbsfähig zu machen, auf Bundesebene für eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen ein.


8. Ist es richtig, dass zumindest für die Nutzung der technischen Anlagen zur Bereitstellung von Strom die HPA mit SNH ein Vertragsverhältnis eingegangen ist? Wie hoch ist ggf. das Nutzungsentgelt oder wird auch dies vom Senat als Geschäftsgeheimnis eingeschätzt?

Es besteht ein Vertragsverhältnis zwischen SNH und dem Anschlussnehmer über den Netzanschluss und die Anschlussnutzung. Die Höhe der Netzentgelte ist nicht Bestandteil dieser Verträge. Zur individuellen Berechnung des Netzentgelts siehe Antwort zu 5.


9. Wie sind die Vertragsverhältnisse an der Landstromanlage Altona über das Vertragsverhältnis zwischen Reederei und Hamburg Energie zum Strombezug hinaus geregelt?

Die HPA betreibt die Landstromanlage und hat hierzu Verträge mit Dienstleistern sowie der Eigentümerin der Flächen geschlossen.


10. Wird an der Anlage von HH Energie Ökostrom angeboten? Ausschließlich?

Ja.

11. Gibt es weitere Stromanbieter, die die Anlagen nutzen? Welche Stromarten bieten diese ggf.?

Nein.

12. Welche weiteren Vertragsverhältnisse liegen ggf. zwischen SNH und Stromanbietern oder darüber hinaus vor?

Mit aktuell über 500 Stromlieferanten hat SNH einen Netznutzungsvertrag geschlossen (ehemals Lieferantenrahmenvertrag gemäß der Festlegung der BNetzA vom 20. Dezember 2017). Bezogen auf die Landstromanlage in Altona hat SNH keine weiteren Vertragsverhältnisse.


13. Aus den Antworten des Senates zu Drs.21/14780 ist ablesbar, das es trotz Bestehens der Landstromanlage am Cruise Center Altona insgesamt 139 Mal vorkam, dass Kreuzfahrtschiffe trotz technischer Voraussetzung zur Landstromnutzung an anderen Terminals angelegt haben und das sich die Nutzung der Landstromanlage zumindest im kommenden Jahr voraussichtlich auf dem aktuellen Niveau halten werde.
Gibt es seitens des Senates, über die werbenden Gespräche desselben mit Reedereien zur Nutzung von Landstrom während der Liegezeiten hinaus, Überlegungen, wie die Luftbelastung der Hamburger Bevölkerung durch die Emissionsquelle Kreuzfahrtschiff, eventuell auch über gesetzliche Vorschriften, schnell vermindert werden kann?

Der Senat verfolgt aktiv das Ziel, die Belastung durch Luftschadstoffe im Hafenbereich zu reduzieren und damit die städtische Hintergrundbelastung zu senken. Erste Maßnahmen konnten bereits erfolgreich angestoßen werden, wie zum Beispiel die Landstromversorgung am Cruise Center Altona und die Versorgung mittels LNG am Cruise Center Steinwerder. Für den Kreuzfahrtterminal HafenCity hat die Hamburgische Bürgerschaft die Errichtung einer Landstromanlage beschlossen (siehe Drs. 21/10347). Damit vermehrt Kreuzfahrtschiffe im Hamburger Hafen Landstrom nutzen, bedarf es insbesondere eines Landstromangebots in anderen Häfen und verbesserter rechtlicher Rahmenbedingungen. Es ist vor diesem Hintergrund zu begrüßen, dass nun auch Kiel und Rostock ein Landstromangebot für Kreuzfahrtschiffe planen.
Im Übrigen siehe Antwort zu 7. sowie 2. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Hamburg unter https://www.hamburg.de/contentblob/9024022/7dde37bb04244521442fab91910fa39c/data/d-lrp-2017.pdf.