Jetzt kann es weitergehen mit der Umsetzung des Volksentscheids

Jetzt kann es weitergehen mit der Umsetzung des Volksentscheids

Stephan Jersch

Überteuerten Rückkauf und ideologisch moti­vierten Umbau des Fernwärmenetzes stoppen

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Rede zur Umsetzung des Volksentscheids über die Ham­burger Strom-, Gas- und Fernwärmeleitungsnet­ze - Verträge mit der Vattenfall GmbH zum Erwerb der Vattenfall Wärme Hamburg GmbH (Se­natsantrag) und zum Thema "Rückkauf Fernwärmenetz" (Selbstbefassungsangelegenheit)

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Parlamentarische Begleitung des Aufbaus einer stadteigenen Fernwärmegesellschaft und der Umsetzung des Wärmekonzeptes für Hamburg

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86. Sitzung der Bürgerschaft am 14. November 2018

 

Stephan Jersch DIE LINKE: Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Nach mehr als fünf Jahren zivilgesellschaftlichen Engagements und Herzbluts bei der Sache kommen wir jetzt zu einem ersten Zwischenstopp des Volksent­scheids "Unser Hamburg - Unser Netz". Es wird noch nicht das Ende sein, es geht weiter.

(Farid Müller GRÜNE: Wieso?)

Denn wir haben den Rückkauf, lieber Kollege Mül­ler, dann abgewickelt, aber die erneuerbaren Ener­gien und die soziale Komponente, die gilt es natür­lich dann auch noch zu verwirklichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Insofern ist es ein absolutes Trauerspiel, wie man über den gesamten Prozess hinweg manch einen zum Jagen hat tragen müssen, und augenschein­lich ist selbst das bei manchen nicht angekommen, wenn man den FDP-Antrag mit berechtigten Zwei­feln an der Zulässigkeit des Volksentscheides liest.

(Michael Kruse FDP: Der ist schon veröffent­licht!)

Was machen Sie eigentlich mit unserer Demokra­tie? Wo ist da Ihr Demokratieverständnis?

(Michael Kruse FDP: Wir haben eine andere Meinung als Sie, Herr Jersch!)

Die Hamburgerinnen und Hamburger haben mehr als zwei Jahre - Herr Kruse, da werden Sie jetzt auch nicht schlau - vor dem Pariser Abkommen ei­ne weise und kluge Entscheidung getroffen. Wenn sie auf Paris gewartet hätten, dann würden wir heu­te noch ganz anders aus der Wäsche gucken.

(Beifall bei der LINKEN, vereinzelt bei den GRÜNEN und bei Dr. Monika Schaal SPD)

Und darum geht es, Kohleausstieg, 1,5-Grad-Ziel,

(Zuruf von Michael Kruse FDP)

die Kapazitäten für erneuerbare Energien und die sozial verträgliche Gestaltung des Ganzen, um Zer­störungen großer Landstriche auf dieser Welt zu verhindern, die Lebensgrundlage für Menschen zu erhalten und volkswirtschaftliche Schäden abzu­wenden.

(Michael Kruse FDP: Da hat Hamburg aber nicht drüber abgestimmt, Herr Jersch!)

Die Fluchtbewegungen, wenn wir dabei versagen, die möchte ich nicht wirklich sehen. Da haben wir eine große Verantwortung für die Lebensgrundla­gen der Menschen.

(Beifall bei der LINKEN - Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Mit Ihren Lieblingen von Vattenfall sind wir zur Koh­lehauptstadt Deutschlands geworden - ein Gene­ralunternehmen, das sich nicht in die Karten schau­en lässt, Intransparenz ist sein zweiter Konzerntitel.

Wir haben eine Expertenanhörung gehabt, in der klargestellt wurde, dass die Energiewende mit Vat­tenfall als Konzernbesitzer nicht möglich wäre.

(Michael Kruse FDP: Die haben das Konzept doch entwickelt! Die haben das Konzept doch entwickelt, Herr Jersch! Was erzählen Sie denn?)

- Dazu kommen wir gleich, Herr Kruse.

Mit dem Rückkauf ist eine systemische Lösung für unsere Energieversorgung in Hamburg endlich möglich, gegen einen Konzern, der knietief im Koh­lesumpf steht und für den Paris immer noch der Vorname einer Hotelerbin ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Auf die ollen Kamellen der FDP, die jetzt wieder je­de tote Sau durchs Dorf treibt, möchte ich gar nicht erst wieder eingehen; ich glaube, das haben die Expertenanhörung und die anderen Anhörungen bereits reichhaltig gemacht. Das müssen Sie nicht mehr aus den Schubladen kramen.

Es ist jetzt für uns die Zeit, die Blockade von Vat­tenfall zu beenden, zukunftssichere Arbeitsplätze zu schaffen und innovative Lösungen für die Ener­giewende endlich in Hamburg einmal umzusetzen.

Die Innovationen, von denen Sie von FDP und CDU immer so gern reden - nämlich dass sie in Hamburg vermisst würden blockieren Sie im Energiewendebereich zu 100 Prozent.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: So ein Quatsch!)

Was hier - Ihre Sicht - unnötige Investitionen sind, kann ich beim besten Willen nicht feststellen bei diesem Konzept, das uns zur Energiewende und zur weiteren Gestaltung der Wärme in Hamburg vorliegt. Stattdessen geht es darum, jetzt die De­mokratie in Hamburg weiterzuentwickeln, das heißt, die Blockaden aufzuheben, die durch Vattenfall und den Minderheitsanteil der Stadt am Eigentum ge­schaffen worden sind. Es geht auch darum, wieder Transparenz walten zu lassen in einem öffentlichen Unternehmen, auf das wir wieder mittelbar Einfluss nehmen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Und es gilt, und da sind wir noch zu schwach, partizipativ tätig zu werden und den Energienetzbeirat in Hamburg weiter zu stärken. Und wenn wir das alles tun wollen, dann führt kein Weg daran vorbei ... Ich weiß, Herr Kruse, für Sie ist der Energienetzbeirat nur ein lästiger Termin,

(Dr. Monika Schaal SPD: Der geht doch gar nicht erst hin!)

aber ich würde Ihnen empfehlen: Nehmen Sie ein­mal teil.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen werbe ich ganz intensiv dafür, "Tschüss Kohle" jetzt in der Stadt zu übernehmen, denn da­mit machen wir die Energiewende rund und wir set­zen Pflöcke, an denen weitere nicht vorbeikom­men. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

### Zweiten Teil der Rede aus der Mediathek der Bürgerschaft herunterladen ###

Stephan Jersch DIE LINKE: Wenn das mal zitierfähig ist. - Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Danke, Herr Kruse. An dieser Stelle muss ich der Opposition, die wir ja auch sind,

(Heiterkeit bei der CDU und der FDP - Mi­chael Kruse FDP: Das merkt man gar nicht!)

aber der Klimaopposition durchaus recht geben: Auch ich habe schon besser durchgearbeitete Plä­ne für Projekte gesehen. Allerdings kann man an dieser Stelle wirklich sagen: Es ist zwangsläufig.

Man hat Vattenfall dieses Unternehmen verkauft und muss damit leben, dass Vattenfall bis zur letz­ten Minute mit Informationen, die wirklich wichtig wären, hinterm Berg hält. Insofern sage ich: Die Umsetzung des Volksentscheids hat an dieser Stel­le natürlich Priorität, denn anders kann man Demo­kratie in dieser Stadt nicht fördern

(Beifall bei der UNKEN)

und anders ist auch eine Umsetzung der Energie­wende nicht möglich. Alles andere sind hier wirklich Fake News.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eins hat mich jetzt besonders erschüttert, und da muss ich den Kolle­gen Gamm ansprechen, das war das Argumentie­ren mit Wahltaktik. Lieber Kollege Gamm, hier geht es - und ich glaube, ich habe Sie in einem Protokoll der vorletzten Legislaturperiode als Experte im Aus­schuss irgendwo erwähnt gesehen, sonst war es ein anderer Kollege Gamm -

(Dennis Gladiator CDU: Wir haben unsere ei­genen Experten!)

um die Energiewende. Es geht ein Stück weit um die Zukunft dieser Welt und um die Menschen. Es gibt gewisse Wahrheiten - ich sage einmal IPCC, wir haben heute erst einen neuen Report nachlesen können, die können eigentlich nicht geleugnet werden, wenn man nicht Wissenschaft leugnet.

(Beifall bei der LINKEN)

Und da, muss ich dann wirklich sagen, ist es mir ein Rätsel, wie man Wahltaktik gegen einen möglichst großen gesamtgesellschaftlichen Konsens bei der Neugestaltung unserer Energielandschaft setzen kann. Das erschüttert mich und lässt mich wirklich zweifeln an den Erkenntnissen, die Wissenschaft seit Jahren gewonnen hat. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)