Verkehrsbeschränkende Maßnahmen zum Schutz vor Lärm und Abgasen – Anträge von Bürgerinnen und Bürgern nach § 45 Absatz 3 Satz 1 StVO

Stephan Jersch

142 Anträge von Verkehrslärm und -luftverschmutzungsgeplagten Bürgerinnen und Bürgern schmoren in der zuständigen Behörde, der älteste seit über 16 Monaten. Kein einziger von ihnen ist bislang beschieden worden: Hamburg tut sich - siehe Luftreinhalteplan - nicht nur mit der allgemeinen Verbesserung der verkehrsbedingten Umweltbeeinträchtigungen schwer, sondern sogar bei konkret benannten Problemlagen.

21. April 2017


Große Anfrage

der Abgeordneten Heike Sudmann, Stephan Jersch, Norbert Hackbusch,
Deniz Celik, Sabine Boeddinghaus, Martin Dolzer, Inge Hannemann,
Cansu Özdemir, Christiane Schneider, Mehmet Yildiz
(DIE LINKE) vom 23.03.2017

und Antwort des Senats

- Drucksache 21/8446

Betr.: Verkehrsbeschränkende Maßnahmen zum Schutz vor Lärm und Abgasen – Anträge von Bürgerinnen und Bürgern nach § 45 Absatz 3 Satz 1 StVO

Alle Hamburgerinnen und Hamburger können zum Schutz ihrer Gesundheit Anträge auf verkehrsbeschränkende Maßnahmen nach § 45 Absatz 3 Satz 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) an die Hamburger Behörden richten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 4.6.1986 – 7 C 76.84 (in: BVerwGE 74, 234) und BVerwG, Urteil vom 22.12.1993 – 11 C 45.92 (in: NZV 1994, 244)) haben die Antragstellerinnen und Antragsteller ein Anrecht darauf, dass die Behörden verkehrsbeschränkende Maßnahmen wie Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Durchfahrtverbote zum Schutz vor Lärm und Abgasen erwägen, wenn die Belastung jenseits des Ortsüblichen liegt. Dabei gilt eine Prüfpflicht ausdrücklich dann, wenn in Wohngebieten die nächtlichen Lärmwerte über 49 dB(A) oder die täglichen Werte bei über 59 dB(A) liegen. Bei Werten von über 60 dB(A) nachts beziehungsweise 70 dB(A) tagsüber steht den Betroffenen darüber hinaus in der Regel sogar ein Rechtsanspruch auf Schutz vor Verkehrsemissionen zu. Dasselbe gilt, wenn die EU-Grenzwerte für Stickoxid, Feinstaub oder andere Abgase überschritten werden.

Entsprechend § 22 HmbVwVfG haben die zuständigen Behörden nach Eingang eines entsprechenden Antrages ein Verwaltungsverfahren einzuleiten, das in der Regel spätestens nach drei Monaten (§75 VwGO) entweder mit einem Erlass oder der Ablehnung des beantragten Verwaltungsaktes abzuschließen ist (§9 HmbVwVfg).

Dies voraus geschickt fragen wir den Senat:

  1. Wie viele Anträge auf verkehrsbeschränkende Maßnahmen zum Schutz vor Lärm und Abgasen nach § 45 StVO wurden hamburgweit seit dem 1.1.2014 gestellt (bitte nach Bezirk, Jahr und nach Straßen unterteilt auflisten)?

  2. Wie viele der unter Nummer 1. genannten Anträge wurden rechtswirksam positiv beschieden, wie viele rechtswirksam negativ (bitte auch in der Auflistung zu Nummer 1. vermerken)?

  3. Wie viele der unter Nummer 1. genannten Anträge auf verkehrsbeschränkende Maßnahmen zum Schutz vor Lärm und Abgasen nach §45 StVO sind derzeit hamburgweit (noch) anhängig (bitte nach Bezirk, Antragsdatum und nach Straßen unterteilt auflisten)?

Bis zum Stichtag 24. März 2017 sind bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde 142 Anträge eingegangen. Rechtskräftige Bescheide hat die Straßenverkehrsbehörde bisher nicht erlassen. Hintergrund hierfür sind die erforderlichen komplexen Prüfverfahren, die sich einerseits auf die tatsächliche Beeinträchtigung, andererseits auf die Wirkungen von Maßnahmen beziehen und dabei wiederum in einen Kontext mit anderen Vorhaben aus dem Komplex Luftreinhaltung und Lärmschutz gestellt werden müssen. Die Daten sind der Anlage zu entnehmen.

4. Wie hoch ist die jeweilige Belastung an der Wohnung der Person(en), die einen der unter Nummern 1. bis 3. genannten Anträge gestellt haben, bezogen auf:

a. Verkehrslärm tagsüber, abends, nachts (Lden) berechnet nach VBUS?

b. Verkehrslärm nachts (Lnight) berechnet nach VBUS?

c. Stickstoffdioxid (NO2) – wenn möglich, auf die Werte des Gutachtens abstellen, das dem im Sommer 2017 zu veröffentlichenden Luftreinhalteplan zugrunde liegt?

d. Feinstaub (PM2,5 und PM10) – wenn möglich, auf die Werte des Gutachtens abstellen, das dem im Sommer 2017 zu veröffentlichenden Luftreinhalteplan zugrunde liegt?

Siehe Anlage.

5. Nach Nummer 2.2 Lärmschutz-Richtlinie-StV sind für die Berechnung des Beurteilungspegels und die Bestimmung des Immissionsortes die RLS-90 maßgeblich, die nach Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV zu ermitteln sind. Ohne die Ermittlung dieser Werte kann die Belastung am Immissionsort nicht rechtssicher geprüft und können Anträge von Bürgerinnen und Bürger nicht ermessensfehlerfrei beschieden werden.

Wie hoch ist die jeweilige Belastung an der Wohnung der Person(en), die einen der unter 1. bis 3. genannten Anträge gestellt haben, bezogen auf (bitte an die Tabelle zu 4 anfügen):

a. Verkehrslärm tagsüber (6 bis 22 Uhr) berechnet nach RLS-90?

b. Verkehrslärm nachts (22 bis 6 Uhr) berechnet nach RLS-90?

6. Laut einer aktuellen Übersichtsarbeit des Bundesumweltamtes (Wirkungen von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen) führt insbesondere die Einführung von Tempo 30 zu wahrnehmbaren Lärmentlastungen von bis zu 4 Dezibel. Gleichzeitig werde die „Funktion einer innerstädtischen Hauptverkehrsstraße für den Kfz-Verkehr … durch Tempo 30 nicht oder nicht nennenswert beeinträchtigt.“ Auch hätten bisherige „Tempo-30-Anordnungen … den vorliegenden Untersuchungen zufolge nicht zu nennenswerten Schleichverkehren geführt.“ Die Reduzierung der maximal zulässigen Geschwindigkeit stellt somit ein erwiesenermaßen probates und wirksames Mittel dar, um von Verkehrslärm betroffene Anwohnerinnen und Anwohner unverzüglich vor dessen negativen Auswirkungen zu schützen ohne dabei den Verkehr in besonderem Maße einzuschränken oder diesen nachweisbar in andere schützenswerte Bereiche oder gar Nebenstraßen zu verdrängen.

Die konkrete Wirkung einer Geschwindigkeitsreduzierung auf Lärmimmissionen lässt sich nach den RLS-90 konkret und unmittelbar berechnen, da die zu nutzende Gleichung einen Korrekturfaktor (Dv) für unterschiedliche zulässige Höchstgeschwindigkeiten in Abhängigkeit vom Lkw-Anteil enthält.

Um wie viel Dezibel reduziert sich der Verkehrslärm, an der Wohnung der Person(en), die einen der unter 1. bis 3. genannten Anträge gestellt haben, nach RLS-90, wenn (bei Konstanthaltung aller anderen Faktoren) für den Korrekturfaktor Dv eine maximal zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h eigesetzt wird? Wie hoch ist also die rechnerische Entlastung der Antragstellerinnen und Antragsteller nach RLS-90 durch die Einführung von Tempo 30 (in Dezibel) bezogen auf (bitte an die Tabelle zu 4. anfügen):

a. Verkehrslärm tagsüber (6 bis 22 Uhr) berechnet nach RLS-90?

b. Verkehrslärm nachts (22 bis 6 Uhr) berechnet nach RLS-90?

Berechnungen nach RLS-90 wurden von der zuständigen Behörde bisher nicht veranlasst. In Bezug auf die Vorgehensweise unterscheiden sich die vorläufige Berechnungsmethode für den Umgebungslärm an Straßen (VBUS) und die 16. BImSchV/RLS-90 nur im Detail. Die Werte der VBUS liefern somit einen Anhaltspunkt für die Größenordnung der Belastung am Immissionsort. Sofern nach Prüfung der Verhältnismäßigkeit straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen in Betracht kommen, wird eine Berechnung nach RLS-90 als Grundlage für die Anordnung angefertigt werden.

Im Übrigen siehe auch Antwort zu 7.

7. Die zuständigen Behörden sind im Rahmen der Prüfung von Anträgen auf verkehrsbeschränkende Maßnahmen nach § 45 Absatz 3 Satz 1 StVO dazu verpflichtet, die Belange der Antragstellerinnen und Antragsteller mit denjenigen des Verkehrs abzuwägen und konkrete lärm- und/oder abgasmindernde Maßnahmen zu prüfen. Wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, das Ziel – in diesem Falle Schutz vor Lärm und Abgasen – zu erreichen, müssen die zuständigen Behörden diejenige Maßnahme wählen, die die Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer am wenigsten belastet (das mildeste Mittel).

Straßenverkehrsrechtliche Alternativen zur Herabsetzung der maximal zulässigen Geschwindigkeit sind in erster Linie Durchfahrtverbote, Streckensperrungen und Umleitungen. Da die Verkehrsstärke (Kfz/h nach DTV) sowie der Lkw-Anteil (p) einer Straße den Mittelungspegel nach RLS-90 maßgeblich bestimmen, kann also auch deren Reduzierung die Belastung der Anwohnerinnen und Anwohner durch Lärm und Abgase rechnerisch verringern. Zu klären ist dann, ob die angeführten Mittel die Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer im Vergleich mehr oder weniger belasten als die Einführung von Tempo 30.

Um wie viel Prozent muss erstens das Verkehrsaufkommen und zweitens der Lkw-Anteil an der Wohnung der Person(en), die einen der unter 1. bis 3. genannten Anträge gestellt haben, nach RLS-90 gesenkt werden, um bezüglich der Lärmentlastung einen Effekt zu erzielen, der demjenigen entspricht, der bezogen auf Tempo 30 unter Nummer 6. ermittelt wurde? (Bitte an die Tabelle zu 4. anfügen.)

a. Notwenige Verringerung des Verkehrsaufkommens (in Prozent) um den Verkehrslärm tagsüber (6 bis 22 Uhr), berechnet nach RLS-90, im selben Ausmaß zu reduzieren wie durch die Einführung von Tempo 30 möglich.

b. Notwenige Verringerung des Verkehrsaufkommens (in Prozent) um den Verkehrslärm nachts (22 bis 6 Uhr), berechnet nach RLS-90, im selben Ausmaß zu reduzieren wie durch die Einführung von Tempo 30 möglich.

c. Notwenige Verringerung des Lkw-Anteils (in Prozent) um den Verkehrslärm tagsüber (6 bis 22 Uhr), berechnet nach RLS-90, im selben Ausmaß zu reduzieren wie durch die Einführung von Tempo 30 möglich

d. Notwenige Verringerung des Lkw-Anteils (in Prozent) um den Verkehrslärm nachts (22 bis 6 Uhr), berechnet nach RLS-90, im selben Ausmaß zu reduzieren wie durch die Einführung von Tempo 30 möglich

Von der zuständigen Behörde wurden derartige Vergleichsrechnungen nicht angefertigt. Grundsätzlich kann eine Temporeduktion von 50 km/h auf 30 km/h rechnerisch eine Pegelminderung von etwa 3 dB(A) erbringen. Um durch eine Verringerung der Verkehrsstärke eine vergleichbare Wirkung zu erzielen, müsste diese etwa halbiert werden. Ein Lkw erzeugt i.d.R. so viel Lärm wie 20 PKW. Der Lkw-Anteil hat demnach maßgeblichen Einfluss auf die Lärmbelastung.

Grundsätzlich ist eine Straße der Allgemeinheit gewidmet. Eine Verringerung des Verkehrsaufkommens oder des Lkw-Anteils in einzelnen Straßenabschnitten durch verkehrslenkende oder straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen kann zu Verlagerungen von Verkehren und entsprechenden Belastungen auf andere Straßen führen. Viele der unter der Antwort zu 1. aufgeführten Straßen sind Hauptverkehrsstraßen. Zweck der Hauptverkehrsstraßen ist die Bündelung des stadtteilübergreifenden Verkehrs. Eine Verlagerung von Verkehr in das nachgeordnete Netz ist zum Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner nicht erwünscht.

8. Senat und Behörden haben wiederholt argumentiert, dass verkehrsbeschränkende Maßnahmen negative Effekte für den ÖPNV sowie den Wirtschaftsverkehr nach sich ziehen können. Jedoch zeigt eine groß angelegte Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt, 1993: Linienbusse im Stadtverkehr), dass Verkehrsberuhigungsmaßnahmen zwar den Fahrtverlauf von Bussen verlangsamen, für die Gesamtsituation der einzelnen Linien jedoch nicht entscheidend sind. Ausschlaggebend für empirisch belegbare Beförderungszeitverluste im Linienverlauf, die die Umläufe gefährden und damit für den Verkehrsbetrieb Sprungkosten bedeuten können, sind andere Faktoren. Mögliche Rechts-vor-Links-Probleme, die im Zusammenhang mit Vorfahrtsregelungen stehen, und damit unter Umständen Komfortverluste für Nutzerinnen und Nutzer des ÖPNV nach sich ziehen, können wiederum durch verkehrsrechtliche Regelungen ausgeschlossen werden. So verweist zum Beispiel die Randnummer 42 zu §45 StVO der Verwaltungsvorschrift der Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) ausdrücklich darauf, dass dort, wo „die Belange des Buslinienverkehrs es erfordern, … abweichend von der Grundregel „rechts vor links“ die Vorfahrt durch Zeichen 301 angeordnet werden“ kann. Bezogen auf mutmaßlich negative Effekte, die den Wirtschaftsverkehr betreffen könnten, haben Senat und Behörden bislang keine aussagekräftigen Zahlen vorgelegt, die diese Annahme stützen. Bekannt ist hingegen, dass deutschen Arbeitgebern allein durch die hiesige Luftverschmutzung ein Schaden von 3,5 Milliarden Euro pro Jahr entsteht (siehe EU-Kommission, 2017: Überprüfung der Umsetzung der EU-Umweltpolitik Länderbericht – DEUTSCHLAND) und der Verkehrslärm deutschlandweit Immobilienwertverluste in Höhe von rund 8,8 Milliarden Euro jährlich nach sich zieht (siehe BT.-Drs. 17/5461).

Entsprechende Themen können ebenfalls abwägungsrelevant sein.

a) Welche, allein auf die Verkehrsbeschränkungsmaßnahme zurückzuführenden, (zusätzlichen) Kosten (in Euro) würden dem Hamburger ÖPNV insgesamt pro Jahr entstehen, wenn an den jeweiligen Wohnungen der Antragstellerinnen und Antragsteller die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf maximal 30 km/h reduziert würde?

Die Verkehrsbeschränkungsmaßnahmen entlang von Linienwegen führen dazu, dass sich die Fahrzeiten der Linienbusse in den betreffenden Abschnitten verlängern und sich in Linienverkehren aufsummieren. Es entstehen Fahrzeitverluste, die in der Regel eine Abnahme der Reisegeschwindigkeit und der Beförderungsqualität zur Folge haben. Im Interesse eines attraktiven und wirtschaftlichen öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sollten verkehrsbeschränkende Maßnahmen daher genau auf ihre Notwendigkeit hin geprüft werden. Aus Kostensicht kann durch verlängerte Fahrzeiten auch ein zusätzlicher Fahrzeugbedarf mit entsprechend zusätzlichem Personalbedarf entstehen.

Aufgrund der Menge vorhandener Daten kann in der für die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nur eine grobe Schätzung der möglichen Kosten erfolgen. Anhand der in der Antwort zu 1. bis 3. genannten Anträge auf verkehrsbeschränkende Maßnahmen zum Schutz vor Lärm und Abgasen konnte mit Blick auf die betroffenen Straßen ermittelt werden, welche Buslinien durch wie viele Verkehrsbeschränkungsmaßnahmen betroffen wären. Durch diese Überlagerungseffekte konnte pauschal bestimmt werden, entlang welcher Linien zusätzliche Kosten entstünden.

Daraus ergibt sich, dass für die genannten Anträge für die Hochbahn grob geschätzt jährlich folgender Mehraufwand entstünde:

Mehraufwand

Kosten p.a.

Zusätzlicher Fahrzeugbedarf Solobusse

500.000 €

Zusätzlicher Fahrzeugbedarf Gelenkbusse

200.000 €

Zusätzliche Fahrerstunden

2.000.000 €

Gesamt

2.700.000 €

Für die VHH entstünde grob geschätzt jährlich folgender Mehraufwand:

Personalkosten

300.000 €

Fahrzeugkosten

75.000 €

Overhead

37.500 €

Gesamt

412.500 €

Ermittelt wurden die reinen zusätzlichen Erstellungskosten, wobei Kosten durch mögliche Fahrplanänderungen (wegen Anschlussverlusten) oder Mindereinnahmen durch Verschlechterung der Attraktivität nicht berücksichtigt worden sind.

b) Welcher, allein auf die Verkehrsbeschränkungsmaßnahme zurückzuführende Schaden (in Euro) würde der Hamburger Wirtschaft insgesamt pro Jahr entstehen, wenn an den jeweiligen Wohnungen der Antragstellerinnen und Antragsteller die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf maximal 30 km/h reduziert würde?

Hierzu wurden von der zuständigen Behörde keine Berechnungen angestellt. Es sind diesbezüglich weder eine anerkannte Methodik noch entsprechende Kennwerte bekannt. Prinzipiell verfolgt der Senat das Ziel, den Kraftfahrzeugverkehr auf den Hauptverkehrsstraßen zu bündeln und dort sicher und leistungsfähig abzuwickeln.

c) Welche Möglichkeiten sind den zuständigen Behörden bekannt, um etwaige Nutzeneffekte zu ermitteln (berechnen oder schätzen), die es ermöglichen, Aussagen darüber zu treffen, inwieweit die Reduzierung der maximal zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h an den jeweiligen Wohnungen der Antragstellerinnen und Antragsteller positive wirtschaftliche Effekte nach sich zieht (zum Beispiel Immobilienwertgewinne oder Ähnliches)? Sofern den Behörden derartige Möglichkeiten bekannt sind, mögliche Berechnungsgrundlage bitte nennen und den positiven Gesamteffekt sowie einzelne positive Effekte beziffern (in Euro).

Die Belastung durch Hauptverkehrsstraßen macht sich insbesondere im individuellen Wohnungsbau bemerkbar, weil sie die Nutzung des Außenwohnbereichs einschränkt. Eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit könnte hier zu einer Reduzierung der Belastung und der verkehrsbedingten Verkehrswertminderung führen. Mögliche Effekte werden sich allerdings nicht empirisch nachweisen lassen, sondern es ist stets eine Einzelfallbetrachtung erforderlich.

9. Gemäß §75 VwGO müssen Anträge an Behörden in der Regel innerhalb von drei Monaten begründet beschieden werden.

a. Wie lange dauerte die Bescheidung der unter Nummer 2. genannten Anträge im Mittel und maximal?

Siehe Antwort zu 1. bis 3.

b. Wie lange liegen die unter Nummer 3. genannten Anträge den
zuständigen Behörden im Mittel und maximal schon vor?

Im statistischen Mittelwert liegen die Anträge 106 Tage vor. Zum Stichtag 24. März 2017 lagen die ältesten Anträge 287 Tage vor.

c. Welche Dienst- und Fachanweisungen sowie sonstige Verfahrensvorgaben regeln den Umgang mit Anträgen von Bürgerinnen und Bürgern zum Schutz vor Lärm und Abgasen nach § 45 Absatz 1 Satz 3 StVO in den zuständigen Behörden und ihren Dienststellen? Bitte Anweisungen und sonstige Vorgaben als Anlage oder mit Fundstelle beifügen. 

d. Wie werden Anträge von Bürgerinnen und Bürgern zum Schutz vor Lärm und Abgasen nach § 45 Absatz 1 Satz 3 StVO durch die zuständigen Behörden und ihre Dienststellen konkret gehandhabt, damit die Einhaltung der gesetzlichen Fristen garantiert wird? Bitte Ablaufschema mit Zeitleiste und Zuständigkeiten beifügen.

Gesonderte Dienst- und Fachanweisungen im Sinne der Fragestellung gibt es bei der zuständigen Behörde nicht. Die Bearbeitung erfolgt durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde in Abstimmung mit den übrigen zuständigen Fachbehörden.

e. Worin liegen die Gründe, wenn die Fristen nicht eingehalten werden?

f. Wie beabsichtigen die zuständigen Behörden künftig dafür zu sorgen, dass die gesetzlichen Fristen eingehalten werden?

Siehe Antwort zu 1. bis 3.

10. Der Berliner Senat ermutigt von Verkehrslärm betroffene Bürgerinnen und Bürger ausdrücklich, Anträge auf verkehrsbeschränkende Maßnahmen nach § 45 Absatz 1 Satz 3 StVO zu stellen (siehe zum Beispiel Drucksache 17/18829 des Berliner Abgeordnetenhauses).

Wie ist die entsprechende Praxis in Hamburg? Werden Bürgerinnen und Bürger der Stadt Hamburg durch Behörden und Senat ermutigt, entsprechende Anträge zu stellen?

Wenn ja, wie?

a. Wenn nein, warum nicht?

Nein. Den Bürgerinnen und Bürgern der FHH steht es frei, entsprechende Anträge zu stellen.

Derzeit wird ein Pilotversuch zu nächtlichen Tempo-30-Zonen mit dem Ziel des Erkenntnisgewinns über die Wirksamkeit der Maßnahme durchgeführt. Erste Ergebnisse, welche in für die Winsener Straße und die Harburger Chaussee einen Rückgang der Geschwindigkeit um ca. 10 km/h im Nachtzeitraum dokumentieren, liegen vor, weitere Untersuchungen an zusätzlichen Straßenabschnitten werden zeitnah folgen. Erst nach Evaluation der genannten Untersuchungen kann über weitere Maßnahmen beraten werden.

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