SKA: Atomtransporte durch Hamburg (XIV)

Stephan Jersch

Zum 31. Mal grüßt ein verstrahltes Murmeltier...

Die Anzahl der Transporte von Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffe wird 2018 voraussichtlich etwa genauso hoch sein wie 2017. Die Ladungssicherheit soll sich 2018 laut Senat weiter verbessern.

25. September 2018

Schriftliche Kleine Anfrage

der Abgeordneten Norbert Hackbusch und Stephan Jersch (DIE LINKE)
vom 17.09.2018
und Antwort des Senats
- Drucksache 21/14386 -

Betr.:    Atomtransporte durch Hamburg (XIV)

Nachdem der Senat drei Jahre lang auf Anfragen aus unserer Fraktion nur ausweichend auf Ergebnisse der mit Umschlagsunternehmen sowie Reedereien zum Thema Selbstverzicht auf Atomtransporte beziehungsweise -umschlag stattgefunden Gespräche geantwortet hatte, teilten dann Mitte April Hapag-Lloyd und die HHLA, zwei führende Firmen der Schifffahrt und der Hafenwirtschaft in Hamburg, mit, künftig freiwillig darauf verzichten zu wollen, Kernbrennstoffe im Hamburger Hafen umzuschlagen.

Es steht aber weiterhin die Frage im Raum, ob Hamburgs Hafen nach der im Mai 2014 in der Bürgerschaft abgelehnten Teilentwidmung für Atomtransporte (vergleiche Bürgerschaftsdrs. 20/11317) ein Drehkreuz im internationalen Atomgeschäft – unter anderem zur Versorgung von AKW – bleibt?

Uranoxide, das extrem giftige und ätzende Uranhexafluorid, unbestrahlte (neue) Brennelemente oder andere Produkte im Zusammenhang mit der Nutzung der Atomtechnologie werden weiterhin im Hamburger Hafen umgeschlagen und/oder durch das Hamburger Stadtgebiet transportiert, statistisch mehrfach pro Woche.

Zwar gibt der Senat nach § 1 der Verschlusssachenanweisung für die Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg (HmbVSA) vom 1. Dezember 1982 im Voraus keine Auskunft zu Kernbrennstofftransporten, da Informationen über zukünftige Kernbrennstofftransporte aus Sicherheitsgründen bundesweit als „Verschlusssache/nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft sind; aber wenigstens Angaben zu bereits durchgeführten Transporten und zu der Umweltbehörde vorliegenden gültigen Genehmigungen für den Transport radioaktiver Stoffe sind aus den seit Jahren immer wieder aus der Fraktion DIE LINKE gestellten diversen Anfragen, zuletzt der in der zweiten Junihälfte beantworteten Drs. 21/13484, für die interessierte Öffentlichkeit ablesbar.

Um weiterhin möglichst vollständige Zahlen über Anzahl, Art und Umfang der Atomtransporte zumindest durch Hamburgs Hafen verfügbar zu machen, werden aus der Fraktion DIE LINKE hier zum nunmehr 32. Mal dem Senat umfassend Fragen zum Themenkomplex gestellt.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat,


bezogen auf Transporte von Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen in und aus dem Hamburger Hafen sowie durch das Hamburger Stadtgebiet ab dem 20.06.2018 bis zum Zeitpunkt der Bearbeitung dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage:

(Bitte die Tabellen in den Anlagen 1 und 2 zur Drs. 21/13484 für alle Transporte entsprechend fortführen.)

1.    Wann erfolgten Transporte von Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen (bitte Datum des Eingangs beziehungsweise Ausgangs soweit vorhanden)?

2.    Um welche beförderten Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe handelte es sich dabei jeweils?

3.    In welchem Umfang und welcher Menge sind Kernbrennstoffe und sonstige radioaktive Stoffe jeweils transportiert worden (bitte Angabe im passenden Maß)?

4.    Wie hoch war die jeweilige Aktivität der Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe (bitte Angabe im passenden Maß)?

5.    Wie wurden die Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils klassifiziert?

6.    Welche Art von Behältern wurde zum Transport der Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils verwendet (bitte genaue Typen-Kennung der Behälter angeben)?

7.    Welche Beförderungsmittel (zum Beispiel Schiff, Bahn oder Lkw) wurden zum Transport der Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils verwendet?

8.    Wo wurden die Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils umgeladen?

9.    Wie lange wurden die Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe jeweils gelagert?

10.    Wer war der jeweilige Absender (Firma mit Ortsangabe) der Kernbrennstoffe und sonstigen radioaktiven Stoffe?

11.    Wer war der jeweilige Empfänger (Firma mit Ortsangabe) der Kernbrennstoffe und welcher (bei sonstigen radioaktiven Stoffe) der Zielhafen?

Zu den meldepflichtigen Kernbrennstofftransporten für den Zeitraum vom 20. Juni 2018 bis zum 19. September 2018 siehe Anlage 1, zur Legende siehe Anlage 5.

Daten über die im Gefahrgut-Informations-System der Polizei (GEGIS) gemeldeten Transporte liegen nur für die jeweils letzten drei Monate vor. Die Transportvorgänge mit sonstigen radioaktiven Stoffen für den Zeitraum vom 20. Juni 2018 bis zum 19. September 2018 sind in Anlage 2 zusammengefasst. Die Dauer des Umschlags sowie die Namen und Adressen der Absender und der Empfänger werden in GEGIS nicht erfasst.

 

12.    Zuletzt in der Drs. 21/13484 gab der Senat in der zweiten Junihälfte Überblick über Mängel bei der Kontrolle von Güterbeförderungseinheiten (CTU) im Zusammenhang unter anderem mit radioaktiven Stoffen der Klasse 7 für Schiffe und Lkw. Sind dem Senat für die Zeit danach solche bekannt?
Wenn ja, bitte mit Datum und möglichst konkreter Beschreibung der Mangelart unter anderem wie in Anlage 3 zur Drs. 21/13484 aufführen.

Daten über die bei Kontrollen festgestellten Mängel im Zusammenhang mit dem Transport radioaktiver Güter für den Zeitraum vom 20. Juni 2018 bis zum 18. September 2018 sind in der Anlage 3 zusammengestellt.
In diesem Zeitraum wurden durch die Polizei 174 Kontrollen im Zusammenhang mit dem Transport radioaktiver Güter auf Schiffen, auf der Straße und im Schienenverkehr durchgeführt. Davon verliefen 167 Kontrollen ohne Beanstandungen, sieben Kontrollen im Zusammenhang mit dem Verkehrsträger Schiff führten zu sieben Mängeln formaler Art; sicherheitsrelevante Mängel wurden nicht festgestellt. Im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr und dem Schienenverkehr wurde kein Mangel im Zuständigkeitsbereich der Polizei Hamburg festgestellt.

In der Drs. 20/13644 führt der Senat aus, Umschlag von mit Luftfracht transportierten Kernbrennstoffen habe es in Hamburg seit vielen Jahren nicht gegeben. Über den Transport von sonstigen radioaktiven Stoffen per Luftfracht lägen dem Senat keine Informationen vor, da die Zuständigkeit für die Aufsicht für diesen Transportweg beim Luftfahrtbundesamt liegt.

In der Drs. 20/14621 führt der Senat aus, die Zuständigkeit für die Aufsicht über Transporte radioaktiver Stoffe auf bundeseigenen Eisenbahnstrecken liege beim Eisenbahnbundesamt.

13.    Vor diesem Hintergrund fragen wir, ob dem Senat über den Schifftransport hinaus auch Beanstandungen bei anderen Transportarten bekannt sind?
Wenn ja, bitte möglichst in der Tabelle mit angeben.

Die Kontrollen der Polizei erfolgen zum überwiegenden Teil nach dem Löschen eines Schiffs und vor dem Verladen auf den Verkehrsträger Straße/Schiene. Festgestellte Mängel werden daher dem Seeverkehr (Verkehrsträger Schiff) zugeordnet, im Übrigen siehe Antwort zu 12.

 

14.    Insgesamt sechs Hamburger Betriebe haben eine Umschlagsgenehmigung nach § 7 StrlSchV : die drei zur HHLA gehörenden Terminals CTB, CTT und CTA, der Unikai, den die HHLA und die Grimaldi-Reederei-gruppe gemeinsam betreiben, Eurogate sowie das Hafenunternehmen C. Steinweg. Davon ist die Genehmigung HH-RA 37/98 (HHLA Container Terminal Tollerort GmbH) bis zum 30. September 2018 befristet (vergleiche Drs. 21/12376). Hat der Betrieb erneut eine verlangt beziehungsweise erhalten?

Der Betrieb HHLA Container Terminal Tollerort GmbH hat eine neue Genehmigung beantragt und auch erhalten.

 

15.    Laut Täglicher Hafenbericht (THB) vom 05.07.2018 wurde in Bezug auf den künftigen Verzicht des Umschlags von Kernbrennstoffen seitens der HHLA mitgeteilt, es würden „nur noch bestehende Vereinbarungen
erfüllt“, die HHLA setze sich also für einen baldigen Schlusspunkt ein. Die Gesellschaft werde „in Gesprächen mit ihren Kunden darauf hinwirken, dass noch ausstehende Transporte zeitnah erfolgen“. Ist dem Senat bekannt, mit wem und mit welchen Ergebnissen solche Gespräche stattfanden?

Dem Senat liegen hierzu keine Informationen vor. Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) beantwortet als börsennotierte Aktiengesellschaft aus aktienrechtlichen Gründen alle Anfragen der Aktionäre einheitlich im Rahmen der Hauptversammlung.

Bezogen auf zukünftige Transporte von Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen in und aus dem Hafen Hamburg sowie durch das Hamburger Stadtgebiet fragen wir soweit Meldungen vorliegen:

16.    Hat es seit Mitte Juni bei der hamburgischen Genehmigungsbehörde (Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz) weitere Antragstellungen/Genehmigungen auf Zulassung zur Beförderung „sonstiger radioaktiver Stoffe“ gegeben?
Wenn ja, bitte die Unternehmen auflisten.

Seit Mitte Juni hat es keine weiteren Anträge oder Genehmigungen gegeben.

 

17.    Wie viele und welche gültigen Genehmigungen für den Transport radioaktiver Stoffe liegen der Umweltbehörde derzeit vor? Bitte auflisten mit Genehmigungsnummer, Beginn und Ende der Genehmigungsdauer, maximal zulässige Transportzahl und Menge (in Kilogramm oder Tonnen), Absender und Empfänger, Transportmittel und Art des Stoffes sowie der Behälterbezeichnung.

In der Anlage 4 (zur Legende siehe Anlage 5) sind die zum Zeitpunkt dieser Anfrage der zuständigen Behörde vorliegenden Genehmigungen für Kernbrennstofftransporte aufgelistet. Weitere Angaben werden nicht erfasst. Auf die vom Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit regelmäßig aktualisierte Liste aller gültigen Transportgenehmigungen wird verwiesen:    

https://www.bfe.bund.de/SharedDocs/Downloads/BfE/DE/fachinfo/ne/transportgenehmigungen.html).

 

18.    Aus diversen Drucksachen zum Thema Atomtransporte geht hervor, dass die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) seit Beginn der Legislaturperiode im Frühjahr 2015 mit Vertretern von mindestens vier Umschlagsunternehmen sowie Reedereien das Thema Selbstverzicht auf Atomtransporte beziehungsweise -umschlag besprochen hat. Hapag-Lloyd und die HHLA, „zwei für den Hamburger Hafen bedeutsame Unternehmen“ (Drs. 21/13484) wollen nun freiwillig darauf verzichten, Kernbrennstoffe im Hamburger Hafen umzuschlagen.
Auf die Frage, ob weitere Gespräche zu freiwilligem Selbstverzicht stattgefunden beziehungsweise Termine vereinbart sind, antwortete der Senat im Rahmen dieser Anfragereihe bisher mehrmals, „die zuständige Behörde befindet sich im kontinuierlichen Austausch mit der Hafenwirtschaft. Es sind weitere Termine vorgesehen. Aus Vertraulichkeitsgründen können die Gesprächspartnerinnen und -partner nicht genannt werden… Der Senat strebt an, dass sich weitere Hafenunternehmen anschließen.“
Vor diesem Hintergrund fragen wir, ob sich die Firmen Unikai, Steinweg sowie Eurogate mittlerweile gegenüber dem Senat zu einem eventuellen zukünftigen freiwilligen Umschlagsverzicht geäußert haben?

Die Fa. UNIKAI Lagerei- und Speditionsgesellschaft mbH ist eine Tochtergesellschaft der HHLA und ist damit von der Verzichtserklärung der HHLA umfasst. Die Firmen C. Steinweg (Süd-West Terminal) GmbH & Co. KG und Eurogate GmbH & Co. KGaA, KG haben sich nicht geäußert.

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