SKA: Klimaschutz an Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden in Hamburg

Stephan Jersch

Unklare Bemessungsgröße, ungenaue Angaben und unbeantwortete Fragen: So kann man sich kein Bild zum Klimaschutz an Hamburgs Schulen und öffentlichen Gebäuden machen.

01. Oktober 2019

 Schriftliche Kleine Anfrage
der Abgeordneten Stephan Jersch und Sabine Boeddinghaus (DIE LINKE) vom 23.09.2019
und Antwort des Senats
- Drucksache 21/18458 -

Betr.:    Klimaschutz an Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden in Hamburg

In der Ausgabe vom 05.09.2019 berichtet das Hamburger Abendblatt unter der Überschrift. „Klimaschutz an Schulen: 15.000 Tonnen CO2 weniger“ über die großartigen Erfolge, die durch die Tätigkeiten von Schulbau Hamburg seit 2012 an Hamburger Schulen erreicht worden sein sollen. Denn erstmals habe die Schulbehörde eine Umweltbilanz aller Schulgebäude erstellt, die dem Abendblatt nach Aussage des genannten Artikels exklusiv vorlagen.

Der Senat beabsichtigt, Leitkriterien zu energetischen Standards für die Sanierung öffentlicher Gebäude als einen Baustein einzuführen, um bis 2050 das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands zu erreichen. Die Leitkriterien sind aktuell in der Erarbeitung. Außerdem schreibt der Senat aktuell seinen Klimaplan fort. Dieser wird Maßnahmen aufzeigen, um die Sanierungsrate bei Gebäuden zu erhöhen. Eine Befassung des Senats zum Klimaplan ist im Dezember 2019 vorgesehen. Darüber hinaus zeigt die Bundesregierung mit ihrem Eckpunktepapier zum Klimaschutzprogramm 2030 Maßnahmen auf, mit denen die Bundesregierung die Sanierung von Gebäuden zu erhöhen beabsichtigt.

Mit dem Investitionsplan Schulbau besteht für die Schulgebäude bereits ein verbindliches Instrument für den Neubau und die Sanierung aller Hamburger Schulgebäude.
Seit 2016 gibt es für die beiden Hamburger Schulbau-Dienstleister SBH | Schulbau Hamburg (SBH) und GMH | Gebäudemanagement Hamburg GmbH (GMH) verbindliche energetische Standards, die für Neubau, Sanierung und den Betrieb von Schulen gelten. Dazu zählen unter anderem die Umrüstung auf LED-Beleuchtung in Sporthallen, der Einsatz von Präsenzmeldern in Fluren, Treppenhäusern und WCs als auch der verstärkte Bau von Photovoltaik-Anlagen und Blockheizkraftwerken.
Neue Schulgebäude werden immer nach der jeweils gültigen Energie-Einsparverordnung (EnEV) gebaut, siehe auch Drs. 20/13744. Auch bei Sanierungen wird immer die jeweils gültige EnEV eingehalten, sofern diese für die sanierte Fläche relevant bzw. zu berücksichtigen ist. Schwerpunkte bei der Sanierung liegen häufig bei Fenstererneuerung, Dachsanierung, Heizungsmodernisierung, Kellerdeckendämmung und Umrüstung auf LED-Beleuchtung (vor allem in Sporthallen).

Einige Schulgebäude wurden mit besonders hohen Energieeffizienz-Standards realisiert. Diese Pilotvorhaben verfolgten die grundsätzlichen Ziele, neue Gebäudekonzepte in Praxis umzusetzen und im Zuge dessen Erfahrungen für zukünftige Projekte zu sammeln. Zudem sollten diese Bauvorhaben einen Vorbildcharakter haben, um den Bau dieser Gebäudekonzepte in Zukunft zu befördern und einen Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen zu leisten.

In der Regel wird in Neubauten eine LED-Beleuchtung verbaut. Auch im Rahmen von Sanierungen wird immer häufiger die Beleuchtung auf den LED-Standard umgestellt, insbesondere wenn die Lichtanlage erneuert wird. Zu dem seit 2015 laufenden Programm mit Unterstützung des Bundes siehe auch www.schulbau.hamburg/energieberatung/11323108/led-umruestung/.

In den vergangenen Jahren haben SBH und GMH darüber hinaus auch eine Reihe von Holzbauten errichtet, die einen direkten Beitrag zu Nachhaltigkeit und Umweltschutz leisten. Darüber hinaus besitzen die Gebäude gute Dämmeigenschaften und schaffen ein gutes Raumklima.

Auch die Gründachoffensive für die Hamburger Schulen zeigt gute Erfolge: Seit Auflage des Programms mit einem Volumen von 7,5 Millionen Euro im Sommer 2018 wurden bereits rund 3.000 Quadratmeter Gründachfläche fertiggestellt. Weitere rund 100.000 Quadratmeter befinden sich darüber hinaus in der Planung, fast 30.000 Quadratmeter Fläche stehen kurz vor der Umsetzung.

Zudem wird im Jahr 2020 das Prämienmodell fifty/fifty, mit dem Schulnutzerinnen und -nutzer motiviert wurden, durch Verhaltensänderungen Einsparungen bei Wärme, Strom, Wasser und Abfall zu erzielen, in einer überarbeiteten und verbesserten Version mit dem Name „Energie hoch vier“ weitergeführt.
SBH und GMH übermitteln seit 2016 die Emissionsdaten der Hamburger Schulen im Rahmen des Hamburger Klimaplans an die Leitstelle Klima.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:


Wir fragen den Senat:

1. Wie hat sich der durchschnittliche jährliche witterungsbereinigte Heizenergieverbrauch aller Schulgebäude seit 2012 entwickelt? Angaben bitte für jedes Jahr in kWh/m² bezogen auf NGF bzw. NRF.

Wärme20142015201620172018
Spezifischer Verbrauch witterungsbereinigt [kWh/m²a]*150,4143,3140,9138,6137,8

*Da ein Aufmaß aller Gebäudeflächen erst im Jahr 2013 erfolgt ist, liegen Daten ab dem Jahr 2014 vor. Die spezifischen Werte wurden mit Mietflächen berechnet. Inklusive Warmwasserverbrauch.

a. Wie viele Schulen/Schulgebäude gibt es in 2018 noch, deren witterungsbereinigter Heizenergieverbrauch/p.a. (bezogen auf die Nettogrundfläche, NGF, bzw. Nettoraumfläche, NRF) oberhalb von 100 kWh/m², 130 kWh/m², 150 kWh/m² liegen? Bitte in einer Excel-Tabelle jeweils in absoluten Zahlen angeben wie auch deren jeweiligen Anteil in Prozent nennen. Zusätzlich noch jeweils kenntlich machen, welche dieser Schulen bzw. Schulgebäude mit Erdgas und/oder Fernwärme versorgt werden und deren Gesamtsumme als prozentualer Anteil an den gesamten staatlichen Schulen angeben.

Siehe Anlage.

b. Wie viele Schulen/Schulgebäude gibt es in 2018 schon, deren witterungsbereinigter Heizenergieverbrauch/p.a. (bezogen auf die NGF bzw. NRF) geringer ist als 80 kWh/m², 60 kWh/m², 40 kWh/m²? Bitte jeweils in absoluten Zahlen angeben wie auch deren jeweiligen Anteil in Prozent nennen. Zusätzlich noch jeweils eine Aussage über den Anteil derjenigen Schulen bzw. Schulgebäude davon, die mit Erdgas und/oder Fernwärme versorgt werden.

Kennwert 2018*AnzahlAnteilAnteil Erdgas und/oder Fernwärme
<80 kWh/m²a266,20%100,00%
<60 kWh/m²a143,30%92,86%
<40 kWh/m²a20,50%100,00%

* Die spezifischen Werte wurden mit Mietflächen berechnet. Inklusive Warmwasserverbrauch.

c. In den o.g. Artikel wird auch erwähnt, dass die Gebäude der „Tor zur Welt-Schule“ in Wilhelmsburg als CO2 neutrale Passivhäuser errichtet wurden. Wie hat sich der jährliche witterungsbereinigte Heizenergieverbrauch inkl. Warmwassererzeugung in kWh/m² (NGF bzw. NRF) an dieser Schule bzw. diesen Schulgebäuden seit Errichtung nach Passivhausstandard entwickelt?

Bildungszentrum Tor zur Welt201320142015201620172018
spez. Verbrauch witterungsbereinigt [kWh/m²a]41,242,948,55250,348,5

 

Das Bildungszentrum Tor zur Welt liegt mit seinem spezifischen Verbrauch unter den Besten drei Prozent aller von SBH/GMH bewirtschafteten Schulen. Über die Optimierung der Lüftungsanlagen in den Klassenräumen sowie die bessere Abstimmung der Regelungstechnik im gesamten Gebäude wird eine relevante Reduktion des Heizenergiebedarfs erwartet.

d. Gibt es weitere Schulgebäude in Hamburg, die Passivhausstandard erreichen? Wenn ja, welche sind es, und wie hoch sind ihre spezifischen witterungsbereinigten Heizenergieverbräuche in kWh/m² jeweils in den Jahren 2016-2018?

Nein.

 

2. Nach welchem jeweils gültigen aktuellen Standard der Energie-Einsparverordnung (EnEV) wurden die Schulen saniert oder errichtet? (Bitte konkret unter Nennung des Standortes, des Schulbezirks, der Schulform und den Sozialindex sowie des jeweils gültigen EnEV-Standards in einer Excel-Tabelle aufführen.)

Eine Auswertung im Sinne der Fragestellung liegt nicht vor. Eine Erstellung einer solchen Auflistung würde es erforderlich machen, die Bauunterlagen sämtlicher Sanierungen/Neubauten einzeln zu sichten. Dies ist im Rahmen der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

 

3. Gibt es Schulen, die nach höheren Standards errichtet bzw. saniert wurden? Wenn ja, nach welchem Standard wurden sie saniert bzw. errichtet, und worin liegt die Begründung? (Bitte konkret unter Nennung des Standortes, des Schulbezirks, der Schulform und des Sozialindizes sowie des jeweils gültigen EnEV-Standards in einer Excel-Tabelle aufführen.

Die Grundschule Klein Flottbeker Weg und das Bildungszentrum Tor zur Welt in Wilhelmsburg wurden mit besonders hohen Energieeffizienz-Standards realisiert. Der Neubau der Grundschule Klein Flottbeker Weg wurde als CO2-neutrales Gebäude mit passivhaustauglicher Gebäudehülle und regenerativer Energieversorgung in Betrieb genommen. Die Beheizung erfolgt über einen Pellet-Kessel. Das im Passivhausstandard errichtete Bildungszentrum Tor zur Welt wurde als Projekt der Internationalen Bauausstellung IBA Hamburg fertiggestellt. Das Gebäude ist mit einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ausgestattet. Die Wärmeerzeugung erfolgt regenerativ über eine Holzfeuerungsanlage. Sowohl eine Solarthermie- als auch eine Photovoltaikanlage gehören zur Schule. Als Fassadenmaterial wurde eine Holzbekleidung verwendet.

lfd. Nr.RegionSchulnameBelegenheitSchultypSozial-indexStandard
1SüdBildungszentrum Tor zur WeltKrieterstraße 2Grundschule1 Passivhaus-standard
2AltonaGrundschule Klein Flottbeker WegKlein Flottbeker Weg 64Grundschule6 CO2-neutrale Schule

 

Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

 

4. Gibt es Schulen, die nach niedrigeren als den jeweils aktuellen EnEV-Standards errichtet bzw. saniert wurden, und worin liegt die Begründung? Wenn ja, nach welchem Standard wurden sie saniert bzw. errichtet? (Bitte konkret unter Nennung des Standortes, des Schulbezirks, der Schulform und des Sozialindizes sowie des jeweils gültigen EnEV-Standards in einer Excel-Tabelle aufführen.)

Siehe Antwort zu 2.

 

5. Nach Angaben des Abendblatts-Artikels sind auch die Stromverbräuche in den letzten drei Jahren gesunken. Wie hat sich der absolute und der durchschnittliche Stromverbrauch aller Hamburger Schulen in kWh/m² in den letzten drei Jahren entwickelt?

Strom*201620172018
Absoluter Verbrauch [kWh/a]559390885433024554001128
spez. Verbrauch [kWh/m²a]20,6820,3820,1

* Die spezifischen Werte wurden mit Mietflächen berechnet.

Bitte alle drei Fragen in je einer Excel-Tabelle angeben, die neben den Schulen selbst auch die Schulform und den Sozialindex aufführt.

a. Wie viele Schulen/Schulgebäude gibt es in Hamburg, deren Stromverbrauch größer ist als 20 kWh/m², größer als 25 kWh/m². Wie groß ist der jeweilige Flächenanteil dieser Schulen an der Gesamtfläche?

Kennwert*AnzahlFlächenanteil
>20 kWh/m²a12035,81%
>25 kWh/m²a5717,49%

* Die spezifischen Werte wurden mit Mietflächen berechnet.

b. Wie viele Schulen/Schulgebäude gibt es in Hamburg, deren Stromverbrauch geringer ist als 15 kWh/m², geringer als 10 kWh/m². Wie groß ist der jeweilige Flächenanteil dieser Schulen an der Gesamtfläche?

Kennwert*AnzahlFlächenanteil
<15 kWh/m²a13226,37%
<10 kWh/m²a132,81%

* Die spezifischen Werte wurden mit Mietflächen berechnet.

c. Wie viele Schulen gibt es in Hamburg, deren Beleuchtung ausschließlich durch LED-Leuchten geschieht? Falls es welche gibt, bitte genau angeben, welche es sind.

Eine Auswertung im Sinne der Fragestellung liegt nicht vor. Um in Erfahrung zu bringen, welche Standorte ausschließlich mit LED ausgerüstet sind, müssten die Gebäudedaten von mehr als 3.000 Einzelgebäude geprüft werden. Dies ist im Rahmen der für die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

 

6. Gibt es andere öffentliche Gebäude, außer Schulen, in Hamburg deren jährlicher witterungsbereinigter Heizenergieverbrauch unter 50 kWh/m² (bezogen auf die NGF o. NRF) liegt? Wenn ja, wie viele und welche sind es?

Über die Schulgebäude hinaus wird keine vollständige Übersicht aller öffentlichen Gebäude zu Heizenergiebedarfen und Flächen zentral geführt, sodass die Daten zu sämtlichen öffentlichen Gebäuden in erfragter Form nicht vorliegen. Eine Beteiligung aller Immobilienverantwortlicher zur Auswertung und Aufbereitung des Datenbestandes der Gebäudeflächen und der Heizenergiebedarfe ist in der für die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

Auf der Grundlage von Auskünften der Sprinkenhof GmbH sowie der Universität Hamburg konnten für folgende Gebäude witterungsbereinigte Kennwerte kleiner 50 kWh/m²a ermittelt werden:

AdresseEnergiekennwert [kWh/m²a]Bemerkung
Von-Melle-Park 841 
Binderstr. 3838derzeit nicht mehr im Bestand UHH
Neuenfelder Str. 1934 
Harburger Rathausforum 1-2< 50SDZ/WBZ Harburg

 

 

7. Beabsichtigt der Senat eine - zu den Schulen vergleichbare - Sanierungsoffensive in den nächsten Jahren an anderen öffentlichen Gebäuden durchzuführen? Wenn ja, bitte genaue Angaben zu den Planungen mit jeweiliger Zeitangabe.

Siehe Vorbemerkung.

 

8. Auch im normalen Häuserbestand besteht noch eine große Sanierungslücke, damit die Klimaschutzziele für 2030 erreicht werden können. Wie groß ist z.Zt. die energetische Sanierungsquote in diesem Bereich in Hamburg?

Die aktuelle Sanierungsquote im Gebäudebereich in Hamburg liegt bei ca. einem Prozent.

 

9. Plant der Senat diese Quote durch Anreize oder andere Maßnahmen innerhalb der nächsten Jahre zu erhöhen? Wenn ja, welche Maßnahmen sind für welche Zeiträume geplant? Wenn nein, welche sachlichen und fachlichen Gründe liegen dafür vor? (Bitte detailliert ausführen.)

Siehe Vorbemerkung.