SKA: Fluglärmkennzahlen 2016

Stephan Jersch

Senat und Flughafen Hamburg GmbH packen endlich ungeschminkte Zahlen aus und entlarven alle ihre bisherigen Angaben zum Fluglärm als Schönfärberei. Denn: Die Belastung der Hamburgerinnen und Hamburger durch Fluglärm war 2016 wieder so groß wie seit 10 Jahren nicht mehr.

Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 05.01.17 und Antwort des Senats

Drucksache 21/7443 | 13. Januar 2017

Betr.: Fluglärmkennzahlen 2016

Im Oktober 2016 vermeldete der Flughafen Hamburg den passagierstärksten Tag in seiner bisherigen Geschichte: Am 14. Oktober seien rund 65.000 Passagiere gezählt worden. Ende Dezember erfolgte dann die Mitteilung der Flughafengesellschaft über den historischen Höchststand von mehr als 16 Millionen Passagieren im Gesamtjahr. Doch trotz dieser Rekordzahlen wird für 2016 nur ein Jahresgewinn wie im Vorjahr erwartet. Denn während laut Flughafengesellschaft die Zahl der Passagiere 2016 um 3,3 Prozent gegenüber 2015 gestiegen sei, werde die Zahl der Flugbewegungen in 2016 mit 160.500 unter dem Niveau von 2008 liegen. Diese Entwicklungen führt die Flughafengesellschaft auf größere und modernere Flugzeuge zurück.

Diese fortgesetzt einseitige und unvollständige Darstellung der Fakten zum Flugverkehr auf Hamburgs Flughafen macht ein zentrales Problem der Bewertung seiner Umweltfolgen und damit der Belastung der Anwohnerinnen und Anwohner deutlich. Größere Flugzeuge verbreiten ihren Lärm erheblich großräumiger als kleinere. Zudem lag die Anzahl der Flugbewegungen im Jahr 2016 wesentlich über der der Jahre 2009 bis 2015. Daher sind, um eine ausgewogene und umfassende Darstellung der Lärmbelastung durch den Flughafen Hamburg zu bekommen, mehr Informationen als die einseitigen Relativierungen der Flughafengesellschaft notwendig.

Dies vorangestellt frage ich den Senat:

Der Senat beantwortet die Fragen, teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Flughafen Hamburg GmbH (FHG), wie folgt:

1. Wie groß ist die räumliche Ausdehnung (in Quadratmetern) der 62 dB(A)-Leq3-Dauerschall-Isophone für das Jahr 2016?

Die räumliche Ausdehnung des Lärmkontingents der sechs verkehrsreichsten Monate betrug im Jahr 2016 13.960 m2. Damit liegt sie 32 Prozent unter der zulässigen Grenze von 20.390 m2.

2. Wie verhält sich der „Fluglärmteppich 2016“ prozentual zum „Fluglärmteppich 2007“?

Die räumliche Ausdehnung des Lärmkontingents der sechs verkehrsreichsten Monate betrug im Jahr 2007 13.900 m2. Sie lag damit 2007 um 0,4 Prozent niedriger als 2016.

3. Wie viele Flugbewegungen liegen dem „Fluglärmteppich 2016“ und dem „Fluglärmteppich 2007“ jeweils zugrunde?

Dem Fluglärmkontingent lagen 88.941 Flugbewegungen im Jahr 2016 und 93.912 Flugbewegungen im Jahr 2007 zugrunde (jeweils in den sechs verkehrsreichsten Monaten).

4. Wie hat sich die räumliche Ausdehnung (in Quadratmetern) der 62 dB(A)-Leq3-Dauerschall-Isophone für eine durchschnittliche Flugbewegung in den Jahren 2003 bis 2016 – bezogen auf den jeweiligen „Fluglärmteppich“ – absolut und prozentual betrachtet entwickelt?

Siehe Anlage 1.

Im vergangenen Jahr nahm die räumliche Ausdehnung der 62 dB(A)-Leq3-Dauerschall-Isophone je Flugbewegung ab. Zu berücksichtigen ist, dass die Zahl der Passagiere zwischen 2003 und 2016 insgesamt um 70 Prozent, die Zahl der Flugbewegungen allerdings nur um knapp 8 Prozent gestiegen ist. Dies belegt eine deutliche Effizienzsteigerung des Luftverkehrs.

5. Wie haben sich die absolute Anzahl und die relative Verteilung der Flugbewegungen auf die Lärmklassen 1 bis 7 in den Jahren 2003 bis 2016 verändert?

Seit 2006 ist die Anzahl der Bewegungen mit Flugzeugen der besonders lauten Lärmklassen 6 und 7 um über 90 Prozent zurückgegangen.

80 Prozent der Flugbewegungen am Hamburger Flughafen fanden im vergangenen Jahr mit Flugzeugen der Lärmklassen 3 (Airbus A319- 100, Bombardier CRJ900, Embraer 190 u.a.) und 4 (Airbus A320-200, A321-100/-200, u.a.) statt. Seit 2006 ist dieser Anteil um 25 Prozent gestiegen, wodurch die steigende Mobilitätsnachfrage noch effizienter bedient werden kann: Im beschriebenen Zeitraum stieg die Zahl der Passagiere um 35 Prozent, während die Zahl der Flugbewegungen um knapp 5 % zurückging.

Daten der Jahre 2003 - 2005 liegen nicht mehr vor und können auch nicht rekonstruiert werden.

Abbildung 1: Anzahl der Flugbewegungen nach Lärmklassen > 2 to. MTOM

Abbildung 2: Flugbewegungen nach Lärmklassen > 2 to. MTOM in %

6. Wie hat sich die Anzahl der Flugbewegungen der sechs verkehrsreichsten Monate im Vergleich zu den jeweils anderen sechs Monaten in den Jahren 2003 bis 2016 jeweils entwickelt?

Siehe Anlage 2.

Der Anteil der Flugbewegungen in den sechs verkehrsreichsten Monaten ist im betrachteten Zeitraum stabil. Er liegt zwischen 54 und 55 Prozent.

7. Wie viele Flugbewegungen fanden 2016 in der Zeit zwischen 6 Uhr und 7 Uhr sowie zwischen 22 Uhr und 23 Uhr und zwischen 23 Uhr und 24 Uhr statt?

8. Wie hat sich die Anzahl der Flugbewegungen zwischen 6 Uhr und 7 Uhr sowie zwischen 22 Uhr und 23 Uhr und zwischen 23 Uhr und 24 Uhr in den Jahren 2003 bis 2016 jeweils entwickelt?

9. Welche Begründungen wurden bei Starts beziehungsweise Landungen in der Zeit zwischen 23 Uhr und 24 Uhr im Jahr 2016 wie oft angeführt und welche Veränderungen gibt es diesbezüglich gegenüber dem Jahr 2015?

Der internationale Luftverkehr ist ein hochkomplexes System, in dem Verspätungen nie gänzlich ausgeschlossenen werden können. Während der Tagesrotation eines Flugzeugs führt häufig eine Verkettung unterschiedlichster Umstände (Erkrankung der Crew, verspätete Passagiere, Nachkontrolle des Gepäcks, Technikprobleme, etc.) dazu, dass einzelne Maschinen von der Verspätungsregelung Gebrauch machen müssen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden die Verspätungsgründe grob in sechs Klasse zusammengefasst (Tagesrotation, Technik, Wetter, Flugsicherung, Sonstiges, Unbekannt). Gegenüber 2015 gab es im vergangenen Jahr nur leichte Verschiebungen innerhalb der einzelnen Klassen.

10. An wie vielen Tagen des Jahres fanden 2016 keine Flugbewegungen zwischen 23 Uhr und 6 Uhr statt?

Ab 23.00 Uhr gelten am Hamburger Flughafen strenge Nachtflugbeschränkungen mit einer Verspätungsregelung bis 24.00 Uhr für verspätete Maschinen im regelmäßigen Linien- und Touristikverkehr. In der Zeit von Mitternacht bis 6.00 Uhr morgens sind ausschließlich Flüge mit vorheriger, kostenpflichtiger Ausnahmegenehmigung durch die Behörde für Umwelt und Energie zulässig.

Nachtflugbeschränkungen gelten nicht für Luftfahrzeuge, die nachweisbar aus meteorologischen, technischen oder sonstigen Sicherheitsgründen den Flughafen Hamburg als Ausweich- oder Notflughafen benutzen, die sich im Katastrophen-, medizinischen Hilfeleistungs-, Such-, Rettungs- oder dringenden polizeilichen Einsatz befinden oder die – nach näherer Bestimmung durch die für Flugverkehr zuständige Behörde – im Nachtluftpostdienst der Deutschen Post AG eingesetzt sind.

11. Welche Fluggesellschaften haben in welchem Ausmaß (jeweilige Anzahl) Starts beziehungsweise Landungen nach 23 Uhr im Jahr 2016 durchgeführt und wie hat sich das jeweilige Ausmaß gegenüber 2015 (absolut und relativ betrachtet) verändert?

Die erfragten Daten unterliegen dem Betriebsgeheimnis der FHG, da es sich bei den Angaben um vertrauliche Kundendaten handelt.

12. Wie viele Anträge auf Starts beziehungsweise Landungen wurden für die Zeit zwischen 0 Uhr und 6 Uhr im Jahr 2016 gestellt und wie viele davon wurden nicht genehmigt?

Es wurden 72 Anträge gestellt, davon 43 genehmigt und 29 abgelehnt. Von den erteilten Genehmigungen wurden 25 genutzt.

13. Welche Begründungen wurden von den Antragstellern für Starts beziehungsweise Landungen für die Zeit zwischen 0 Uhr und 6 Uhr im Jahr 2016 angeführt?

In elf Anträgen wurde ein besonderes öffentliches Interesse geltend gemacht, in 61 Fällen auf eine erhebliche Störung des Luftverkehrs hingewiesen.

14. Erfolgte bezüglich dieser Begründungen eine Prüfung durch die Behörde für Umwelt und Energie (BUE) auf deren Stichhaltigkeit?
Wenn ja: Wie stellte sich die Prüfung der vorgetragenen Gründe dar?

Wenn nein: warum nicht?

Jeder Antrag auf Ausnahme von den Nachtflugbeschränkungen wird durch die zuständige Behörde detailliert geprüft. Genehmigungen werden nur erteilt, wenn die vorgebrachten Gründe stichhaltig sind, nicht ausreichend begründete Anträge werden abgelehnt.

15. Welche Fluggesellschaften haben im Jahr 2016 den Flughafen „Helmut Schmidt“ angeflogen und welche Zu- und Abgänge zum Vorjahr gibt es?

Siehe Anlage 3.

16. Wie groß ist jeweils der relative Anteil der zuvor genannten Fluggesellschaften am Gesamtverkehrsaufkommen am Flughafen „Helmut Schmidt“ (gemessen an Flugbewegungen) und wie haben sich diese Anteile jeweils in den Jahren 2003 bis 2016 verändert?

Siehe Anlage 4.

17. Welche Fluggesellschaften haben im Jahr 2016 und/oder 2015 einen Rabatt hinsichtlich Start- und Landeentgelten am Flughafen „Helmut Schmidt“ für welche konkreten Flugverbindungen und in welcher Höhe jeweils erhalten?

Die geforderte Auflistung unterliegt dem Betriebsgeheimnis der FHG, da es sich bei den Angaben um vertrauliche Kundendaten handelt.

Der Flughafen verfügt seit vielen Jahre unverändert über die beiden Anreizsysteme „Rabattierung neuer Strecken“ (City Pairs) sowie das „Streckenbezogene Wachstumsprogramm (SWP)“. Andere Anreizsysteme hat es in den letzten 15 Jahren nicht gegeben (siehe dazu auch Drs. 21/2234). Alle Airlines haben gleichermaßen Anspruch auf diese Förderung.

18. Welche im Jahr 2015 erstmalig in den Flugplan aufgenommenen Flugverbindungen wurden in 2016 fortgeführt und welche wurden wieder gestrichen?

19. Wie hat sich die Beschäftigtenzahl der Flughafen Hamburg GmbH in den Jahren 2003 bis 2016 entwickelt? Bitte jahrweise angeben.

20. Wie groß ist der aktuelle Anteil der Beschäftigten der Flughafen Hamburg GmbH, die weniger als 10 Euro brutto pro Arbeitsstunde verdienen, und wie hat sich dies seit dem Jahr 2003 verändert? Bitte jahrweise angeben.

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