SKA: Nachfragen zu Drucksache 21/17370: „Spülfeld an der Randersweide unter Bergaufsicht: Was ist da los?“

Stephan Jersch

Informationen zum Zustand des "Abfallkörpers" in der Schlammgrube Reitbrook, ob und wenn ja, welche Schadstoffe darin enthalten sind, hält der Senat weiterhin geheim. Unklar bleibt auch, welches konkrete Risiko für eine Grundwassergefährdung bestand und besteht und warum keine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich gewesen sein soll.

25. Juni 2019

Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 17.06.2019
und Antwort des Senats
- Drucksache 21/17546 -


Betr.: Nachfragen zu Drucksache 21/17370: „Spülfeld an der Randersweide unter Bergaufsicht: Was ist da los?“

Der Senat hat meine o. a. Schriftliche Kleine Anfrage unvollständig beantwortet. Zudem ergeben sich aus den Antworten weitere Fragen.

Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie in Niedersachsen (LBEG) wie folgt:

Ich frage daher den Senat:

1. An behördlichen Genehmigungen zu Errichtung, Betrieb sowie Abschluss der Schlammgrube Reitbrook und deren Rechtsgrundlagen wurde genau ein Betriebsplan aufgeführt. In der Antwort auf Frage 12 taucht jedoch ein weiterer, zuvor nicht erwähnter Betriebsplan auf.
Ich frage daher erneut: Welche behördlichen Genehmigungen für die Errichtung, den Betrieb und den Abschluss der Schlammgrube Reitbrook wurden jemals erteilt? Bitte chronologisch nach Art der Genehmigung mit Datum, AZ und jeweiliger Rechtsgrundlage (z. B. aus dem Bergrecht, dem Wasserrecht, dem Abfallrecht) vollständig auflisten.

In der Drs. 21/17370 wird der Abschlussbetriebsplan aufgeführt, der die Beendigung der Bergaufsicht über das Spülfeld zum Ziel hat. Eine Auflistung sämtlicher Betriebspläne und Genehmigungen ist aufgrund umfangreicher Recherchearbeit in den Akten/Archiven in der für die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

2. Meine Frage 2 - Welche technischen Regelwerke waren für Errichtung, Betrieb und Abschluss der Schlammgrube Reitbrook zu beachten? - wurde nicht beantwortet.
Ich frage daher erneut: Welche technischen Regelwerke (technische Regeln; s. de.wikipedia.org/wiki/Technische_Regeln) waren für Errichtung, Betrieb und Abschluss der Schlammgrube Reitbrook zu beachten?

Für Errichtung und Betrieb sind weiterhin sind die jeweils geltenden gesetzlichen Anforderungen einschlägig. Eine Auflistung sämtlicher technischen Regelwerke, welche sich im Verlauf der Zeit geändert haben und fortgeschrieben worden sind, ist in der für die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

3. Der Senat gibt an, das Wasserrecht sei für die Schlammgrube Reitbrook (Betriebszeit spätestens seit 1938 bis 2011) nicht einschlägig gewesen. Das Wasserhaushaltsgesetz ist 1960 in Kraft getreten. Der erste bergrechtliche Betriebsplan stammt laut Senatsangabe aus dem Jahr 1962. Wieso wurde bei der Zulassung dieses Betriebsplans eine wasserrechtliche Erlaubnis für nicht erforderlich gehalten? Bitte nachvollziehbar mit den einschlägigen §§ begründen.

Das Spülfeld wird erstmals in der Erörterung zum Hauptbetriebsplan 1962 erwähnt. Der Betriebsplan wurde am 2. November 1962 vorgelegt und hatte die Umzäunung des Geländes, das Auffangen von eventuell vorhandenem Öl und das Errichten einer Beobachtungsbohrung für das Grundwasser zum Inhalt. Als Nebenbestimmung wurde die Anlage eines Grundwasserbeobachtungsbuches bei der Bohrung R 110 festgeschrieben. Eine wasserrechtliche Erlaubnis wurde nicht gefordert.
In den folgenden Jahrzehnten ist über keine Auffälligkeiten beim Betrieb des Spülfeldes berichtet worden, auch konnten aus dem Grundwasserbeobachtungsbuch keine nachteiligen Einwirkungen auf das Grundwasser festgestellt werden.

4. Bei meiner Frage 4 - Wann wurde die Schlammgrube Reitbrook in Betrieb genommen und wozu wurde sie seitdem benutzt? - gibt der Senat lediglich an, dass dort seit 1938 Bohrklein und Ton-Süßspülung eingelagert wurden. Wann wurde die Schlammgrube tatsächlich errichtet, durch wen wurde sie errichtet und was wurde dort gegebenenfalls vor 1938 eingelagert?

Hierzu liegen der zuständigen Behörde keine Angaben vor.

5. Was ist unter Ton-Süßspülung zu verstehen und wie ist sie chemisch zusammengesetzt?

Unter Ton-Süßspülung ist eine Bohrspülung zu verstehen, welche auf Süßwasser basiert. Die erforderliche Dichte der Spülung wird durch Bentonit (Ton) eingestellt.

6. Kann der Senat sicher ausschließen, dass in die Schlammgrube Reitbrook niemals kohlenwasserstoffhaltige Stoffe (z. B. ölhaltige Schlämme, Lagerstättenwasser) eingelagert wurden?
a. Wenn ja: Wie begründet er das?
b. Wenn nein: In welchen Zeiträumen wurden diese Stoffe dort verklappt?

Eine hier unterstellte „Verklappung“ wurde von der Bergbehörde zu keinem Zeitpunkt genehmigt. Hinweise auf einen Verstoß gegen die Genehmigung liegen der zuständigen Behörde nicht vor.

7. Der Senat gibt an, erst mit der Zuständigkeit des damaligen Bergamtes Celle und der damit verbundenen Wahrnehmung der Bergaufsicht seien klare Regularien für die Nutzung des Spülfeldes festgelegt worden. Wann wurde das OBA Celle für diesen Betrieb auf Hamburger Staatsgebiet zuständig und welche Regularien waren das im Einzelnen? Bitte als Anlage/n beifügen.

Das Abkommen über die Bergbehörden zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Lande Niedersachsen trat am 1. April 1956 in Kraft. Über die Zuständigkeiten und Ausübung der Bergaufsicht vor diesem Zeitpunkt liegen dem LBEG keine Informationen vor.

8. Im Jahr 1979 ist laut Senat eine Dienstanweisung des OBA Celle ergangen, nach der lediglich das Einbringen von Ton-Süßspülungen und Bohrklein erlaubt und das Einbringen anderer sonstiger Materialien wie z. B. ölhaltige Schlämme verboten wurde. Was war der Anlass oder der Grund für diese Dienstanweisung und wurden vor ihrer Erteilung sonstige Materialien wie z. B. ölhaltige Schlämme eingebracht?

Hierzu liegen keine detaillierteren Angaben vor. Im Übrigen siehe Antwort zu 6.

9. Die tatsächlich in die Schlammgrube Reitbrook seit ihrer Inbetriebnahme eingebrachten Stoffe sind den zuständigen Behörden laut Senat in ihrer Gänze sowohl qualitativ als auch quantitativ unbekannt. Ein Bodengutachten im Rahmen des Abschlussbetriebsplans legt laut Senat den Schluss nahe, dass keine gefährlichen Stoffe mehr in der Grube vorhanden sind. Wer hat das Bodengutachten erstellt, welche konkreten Konzentrationen welcher Schadstoffe wurden ermittelt (bitte auflisten) und wo wurde das Gutachten veröffentlicht?

Das Gutachten wurde im Rahmen des Abschlussbetriebsplanes durch die Analytik Labor Schirmacher GmbH erstellt. Bei dem  Betriebsplanverfahren handelt es sich um ein nichtöffentliches Verwaltungsverfahren, somit erfolgt keine Veröffentlichung des Gutachtens und auch inhalticher Teilaspekte, beispielsweiese hinsichtlich konkreter Konzentrationen einzelner Stoffe Das durch das LBEG durchgeführte Betriebsplanverfahren ist ein einfaches Verwaltungsverfahren des Bergrechts in dem, anders als bei Planfeststellungsverfahren, grundsätzlich keine Öffentlichkeit hergestellt wird. Derartige Verwaltungsverfahren sind nicht öffentlich, da sie lediglich den Antragsteller und die Genehmigungsbehörde und damit die unmittelbar Beteiligten betreffen.

10. Die Abfälle, die in der Grube lagern, sind angeblich nahezu inert, der Abfallkörper lässt angeblich nur in geringem Umfang Wasserbewegungen zu und ein Austrag von Stoffen in die Umgebung ist angeblich nahezu ausgeschlossen. Wozu bedarf es dann der Überwachung
a. des Grundwassers und
b. der Deponiegasbildung?

An die Beendigung des Ablagerungsbetriebs einer Deponie schließt sich regelmäßig eine Nachsorgephase an. Eine Überwachung im Rahmen der Nachsorge soll Sicherheit bringen, dass keine Schadstoffe aus dem Ablagerungskörper in das Grundwasser ausgetragen werden. Eine Überwachung der Deponiegasbildung erfolgt mit dem Ziel, mögliche Gassicherungsmaßnahmen für eine Bebauung festlegen zu können.

11. Darf der Abfallkörper im Zuge einer späteren Bebauung aufgegraben beziehungsweise umverteilt werden oder muss er in seinem jetzigen Zustand intakt bleiben?

Erdarbeiten im Bereich des Ablagerungskörpers sind zulässig, dieser muss in seinem jetzigen Zustand nicht intakt bleiben.

12. Laut Geoportal Hamburg gibt es im Randbereich der Schlammgrube Reitbrook zwei kleinere Flächen mit wahrscheinlicher Versickerung, der überwiegende Teil der Grubenfläche weist mögliche Versickerung auf, lediglich für einen kleineren Teil der Fläche wird eine unwahrscheinliche Versickerung angegeben (https://geoportal-hamburg.de/Geoportal/geo-online/?layerIDs=453,5149&visibility=true,true&transparency=0,30&center=579102.0838372112,5925190.983513526&zoomlevel=7).
Womit begründet der Senat seine Zuversicht, dass ein Austrag von Schadstoffen ins Grundwasser beziehungsweise in die vorhandenen angrenzenden Oberflächengewässer ausgeschlossen werden kann?

Die Versickerungspotentialkarte ist ein Planungsinstrument und basiert überwiegend auf hydrogeologischen Informationen. Sie gibt Auskunft über die Möglichkeit zur oberflächennahen Versickerung von Niederschlagswasser. Das Kartenwerk erlaubt allerdings aufgrund des in Hamburg häufig heterogenen Untergrundaufbaus keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die Zuspeisung von versickerndem Niederschlagswasser in den Grundwasserleiter. Am Standort des Spülfeldes steht zwar in den Randbereichen punktuell ein versickerungsfähiger Boden an, allerdings ist der tieferliegende Grundwasserleiter durch nichtdurchlässige Kleischichten abgedeckt und somit grundsätzlich vor Stoffeinträgen geschützt. Darüber hinaus erfolgt aus Vorsorgegründen ein Grundwassermonitoring für die Zeit von fünf Jahren nach Stilllegung des Spülfeldes. Im Übrigen siehe Antwort zu 10.

13. Aus welchem Material ist die Umwallung der Schlammgrube Reitbrook beschaffen und welche Eigenschaften, insbesondere Salinität, weist das Sickerwasser am Fuß der Umwallung auf?

Nach Aussage des Gutachters wurde die Umwallung nicht beprobt. Sickerwasseraustritte am Fuß der Umwallung sind ebenfalls nicht bekannt und daher auch nicht beprobt.