Abgelehnt: Beschleunigung für Klima- und Gesundheitsschutz

Mit ziemlich schwurbeligen Begründungen wurde unser Antrag zur Vorgabe zur Nutzung von Stickstoffkatalysatoren und Landstrom für Kreuzfahrtschiffe zumindest bei Grossevents abgelehnt. Man könne ja verstehen, dass man ungeduldig sei, aber man sei auf einem guten Weg. Verwiesen wird auf die Landstrompflicht ab 2030 in Europa. (*Hust* *Röchel*)

  • Auf der Bürgerschaftssitzung am 24. April war dieser Antrag der Fraktion DIE LINKE auf der Tagesordnung: "Kreuzschifffahrt in Hamburg für Klima- und Gesundheitsschutz verpflichten" - siehe hier als PDF die Drucksache 22/14922

Siehe zum Hintergrund auch: Schluss mit der Luftverpestung im Hafen! und außerdem hier: Kreuzfahrtschiffe: Senat bricht Landstrom-Versprechen

Die beiden Redebeiträge von Stephan Jersch sind als Video in der Mediathek der Bürgerschaft hier und hier zu finden. Der gesamte TOP ist hier als Video einzusehen.

Kreuzschifffahrt in Hamburg für Klima- und Gesundheitsschutz verpflichten

Erster Redebeitrag Stephan Jersch DIE LINKE:

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Land-
strom, Schadstoffe und Kreuzfahrt in Hamburg:
Das ist ein Fall des Greenwashings. Treibhausgas-
emissionen und Schadstoffe werden en gros in
Hamburg durch die schwimmenden Kleinstädte der
Kreuzfahrtbranche abgeladen, und der Senat kann
nicht mal angeben, welche Mengen welches Schiff
emittiert.
(Heike Sudmann DIE LINKE: Kannst du et-
was lauter sprechen, bitte? Irgendjemand hat
die Mikros verbogen!)

– Okay.

Umso erstaunlicher, dass der Senat sich im De-
zember zu der Aussage verstieg, dass 2024
drei Viertel aller Kreuzfahrer mit Landstrom versorgt
werden sollen. Unsere Anfragen haben gezeigt,
dass das schon technisch unmöglich ist, und sie
zeigen, wie sehr dem Senat das Wissen und die
Kontrolle abhandengekommen sind. Und mit MSC
im Hafen wird das bestimmt nicht besser.
Im Ranking der Transport-and-Environment-Studie
ist Hamburg von Platz 17 auf 6 der am stärksten
durch die durch Kreuzfahrt verschmutzten Städte
Europas aufgestiegen: mangelndes Wissen, eine
miserable Klimabilanz und ein Schadstoffmix, der
jeder Beschreibung spottet, und Landstrom weiter-
hin nur freiwillig in Hamburg.

Cruise Days und Hafengeburtstag sollen ein
Schaufenster zur nachhaltigen Kreuzschifffahrt
sein. Für mindestens diese Veranstaltungen müs-
sen strengere Regeln gelten. Die Kreuzfahrtprofite
an die Reedereien, die Umwelt- und Gesundheits-
kosten für die Allgemeinheit: Diese Rechnung geht
nicht auf.
(Beifall bei der LINKEN)

Das Ziel ist null Emissionen. Auf dem Weg dahin
waren Venedig, Amsterdam, Dubrovnik und Norwe-
gen nicht so hasenfüßig wie Hamburg; dort wurden
Einlaufbeschränkungen und -verbote beschlossen.
Was ist von einer Stadt zu halten, die zwar Diesel-
fahrverbote für die kleinen Leute verhängt, aber
den schwimmenden Kleinstädten ohne Kenntnis
ihrer Abgas- und Klimawerte den roten Teppich
ausrollt? Deshalb unser Antrag für klare, planba-
re und umweltorientierte Rahmenbedingungen in
Hamburg: die Stadt am Wasser und nicht in der
Abgasfahne. – Danke.
(Beifall bei der LINKEN)

Zweiter Redebeitrag Stephan Jersch DIE LINKE:

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Immer wieder
schön, was hier so erwidert wird zu solchen The-
men, und gern …
(Dirk Nockemann AfD: Das könnte ja noch
was werden!)

– Ich glaube, da müssen Sie noch etwas lesen.
Herr Platzbecker, Luftmessnetze in Hamburg sind löch-
rig, wie das soziale Netz es heutzutage mittlerweile
ist.
(Zuruf: Das müssen Sie gerade sagen!)

Nicht umsonst hat der NABU zwischendurch sein
eigenes Luftmessnetz aufgestellt, um valide Daten
zu bekommen.
(Dirk Kienscherf SPD: Früher wollten Sie To-
talüberwachung!)

Und Hamburg als Vorreiterin halte ich für aller-
höchstens in der Inkonsequenz als Vorreiterin für
zitierbar,
(Beifall bei der LINKEN)

denn der Kollege Lorenzen – wenn ich den mal
zitieren darf – hat auf Facebook unter einen
"Hamburger Abendblatt"- Artikel mit der Überschrift

"Landstrom wird für Kreuzfahrtschiffe zur Pflicht"
den Kommentar gepostet:
"Dafür haben wir lange gestritten."

Lieber Kollege, das war 2020, im Juni, und jetzt re-
det Ihre Kollegin von: 2030 kommt dann die Land-
strompflicht auch für Europa.
Also, besser zögern, zaudern kann man nun wirk-
lich nicht; das kann man doch wirklich sagen.
(Beifall bei der LINKEN)
Dann noch mal deutlich:
"Wir stoßen eine ganze Branche vor den
Kopf",habe ich hier vom Kollegen Platzbecker gehört.
(Arne Platzbecker SPD: Ja!)

Das ist absurd: Die Branche stößt die Politik, die
steuern soll, vor den Kopf. Haben Sie mal, wie die
Presse, versucht, Schadstoffwerte von einzelnen
Kreuzfahrtschiffen zu erfahren? Nein, diese Bran-
che mauert, sie will keine Transparenz, und deswe-
gen müssen wir hier klare Vorgaben setzen, weil
es um die Gesundheit unserer Bürgerinnen und
Bürger geht, für die wir Verantwortung tragen, und
nicht darum, dass die Aktienbilanz ordentlich ist.
(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der
SPD und der CDU)

Es geht nicht um Großveranstaltungen an sich,
sondern es geht um die Aushängeschilder der
Stadt, und diese sollten Green Events sein und al-
len ökologischen Ansprüchen entsprechen. Darum
beantragen wir dies hier heute. Ich hoffe trotzdem
auf Ihre Zustimmung, auch wenn ich wenig Zuver-
sicht habe. – Danke.
(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf
SPD: Gut gebrüllt!)